ASPIRON | Decision 2595034

 WIDERSPRUCH Nr. B 2 595 034

Bayer Aktiengesellschaft, Kaiser-Wilhelm-Allee, 51373 Leverkusen, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Bomhard IP, S.L., C/Bilbao, 1, 5º, 03001 Alicante, Spanien (zugelassene Vertreter)

g e g e n

Meril Life Sciences Private Limited, Survey No. 135/139, Bilakhia House Muktanand Marg, Chala, Vapi Gujarat 396191, Indien (Anmelderin), vertreten durch Zacco Dr. Peters und Partner, Am Wall 187-189, 28195 Bremen, Deutschland (zugelassene Vertreter).

Am 11.09.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 595 034 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 345 433 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 345 433 für die Wortmarke „ASPIRON“ ein. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 36 433 für die Wortmarke „Aspirin“. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 8 Absatz 5 UMV.

BENUTZUNGSNACHWEIS

Gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 UMV (in der zum Zeitpunkt der Einreichung des Widerspruchs geltenden Fassung) hat die Widersprechende auf Verlangen der Anmelderin den Nachweis zu erbringen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angefochtenen Marke die ältere Marke in den Gebieten, in denen sie geschützt ist, in Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und auf die sie sich zur Begründung ihres Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Für die frühere Marke gilt eine Benutzungsverpflichtung, wenn sie zum betreffenden Datum mindestens fünf Jahre lang eingetragen war.

Gemäß dieser Bestimmung wird der Widerspruch bei Fehlen eines solchen Nachweises zurückgewiesen.

Die Anmelderin hat von der Widersprechenden den Benutzungsnachweis der Marke, auf der der Widerspruch beruht, verlangt.

Der Antrag wurde fristgerecht eingereicht und ist zulässig, da die frühere Marke mehr als fünf Jahre vor dem vorstehend genannten maßgeblichen Datum eingetragen war.

Die angefochtene Anmeldung wurde am 17/07/2015 veröffentlicht. Die Widersprechende musste daher nachweisen, dass die Marke, auf der der Widerspruch beruht, in Deutschland vom 17/07/2010 bis einschließlich zum 16/07/2015 ernsthaft benutzt wurde.

Aus diesem Nachweis muss ferner die Benutzung der Marke in Verbindung mit den Waren hervorgehen, auf deren Grundlage der Widerspruch eingelegt wurde, und zwar folgende:

Klasse 5:        Ein pharmazeutisches Produkt.

Gemäß Regel 22 Absatz 3 UMDV, muss der Benutzungsnachweis aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird, bestehen.

Am 10/08/2016 setzte das Amt in Anwendung von Regel 22 Absatz 2 UMDV der Widersprechenden eine Frist um Benutzungsnachweise für die ältere Marke einzureichen, die nach entsprechendem Antrag der Widersprechenden bis zum 15/12/2016 verlängert wurde. Die Widersprechende legte fristgerecht am 14/12/2016 Benutzungsnachweise vor.

Weiterhin gilt, dass alle Beweismittel, die von der Widersprechenden während des gesamten Verfahrens vor Ablauf der Frist für die Vorlage des Benutzungsnachweises, selbst vor dem Verlangen der Anmelderin auf Vorlage eines Benutzungsnachweises eingereicht werden, bei der Würdigung des Benutzungsnachweises automatisch zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende am 26/04/2016 Nachweise zur Substantiierung der Bekanntheit der Marke, auf der der Widerspruch beruht, eingereicht. Folglich sind auch diese Nachweise zur berücksichtigen, insoweit sie sich auf den oben genannten Benutzungszeitraum beziehen.

Da die Widersprechende beantragte, bestimmte in den Unterlagen enthaltenen Angaben als vertraulich zu behandeln und Dritten nicht zugänglich zu machen, wird die Widerspruchsabteilung die eingereichten Nachweise nur allgemein beschreiben ohne konkrete Daten daraus zu verwenden.

Die in Betracht zu ziehenden Beweismittel sind entsprechend insbesondere die folgenden:

  • Eidesstattliche Versicherung vom 14/12/2016, unterzeichnet von Thomas Schnier, Marketingleiter der Bayer Vital GmbH (Anhang 3 der am 14/12/2016 eingereichten Nachweise). Darin wird erklärt, dass die Dachmarke „Aspirin“ in Deutschland für eine Vielzahl von medizinischen Präparaten verwendet wird. Weiterhin enthält die eidesstattliche Versicherung Angaben zu den mit Produkten unter dieser Marke generierten Umsätzen in Deutschland im Zeitraum 2011 bis 2015.
  • Artikel vom 15.12.2011 der Online-Zeitschrift „Magazin für Markenführung“ mit Titel „Aspirin ist das bekannteste OTC-Medikament“ (Anhang 4 der am 26/04/2016 eingereichten Nachweise), demzufolge laut der West-Ost-Markenstudie 2011, 25,2 Prozent der Befragten in Westdeutschland auf die Frage, welche Medikamente sie kennen, ungestützt auf „Aspirin“ kommen, während es in Ostdeutschland 18,8 Prozent seien. Die zweitplatzierten Marken folgen mit einigem Abstand.
  • Marktstudie „Reader’s Digest European Trusted Brands 2014“ (Anhang 7 der am 26/04/2016 eingereichten Nachweise). Laut dieser Markenstudie, die auf den Daten von 4882 Befragungsfällen in Deutschland beruht, ist „Aspirin“ die Marke, die in Deutschland mit 26 Prozent am meisten Verbrauchervertrauen im Bereich „Schmerzmittel“ genießt.

Im Hinblick auf die die eidesstattliche Erklärung stellt die Widerspruchsabteilung fest, dass in Regel 22 Absatz 4 UMDV schriftliche Erklärungen nach Artikel 78 Absatz 1 Buchstabe f UMV zwar ausdrücklich als zulässige Beweismittel aufgeführt werden. Zu den zulässigen Beweismitteln zählen nach Artikel 78 Absatz 1 Buchstabe f UMV auch schriftliche Erklärungen, die unter Eid oder an Eides statt abgegeben werden oder nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie abgegeben werden, eine ähnliche Wirkung haben. Diesbezüglich ist jedoch zu berücksichtigen, dass Erklärungen, die von dem Betroffenen selbst oder von Personen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu diesem stehen, verfasst wurden, im Allgemeinen ein geringerer Beweiswert zuerkannt wird als Beweismitteln, die von unabhängigen Dritten stammen. Dies ist damit zu begründen, dass die Wahrnehmung der Verfahrensbeteiligten durch das persönliche Interesse am Verfahrensgegenstand beeinflusst sein könnte.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass solchen Erklärungen jeglicher Beweiswert fehlt.

Der Ausgang des Verfahrens hängt vielmehr von der Gesamtbeurteilung der Beweismittel im konkreten Einzelfall ab. Da eine eidesstattliche Erklärung eines Beteiligten aus den oben dargelegten Gründen eine geringere Beweiskraft besitzt als materielle Beweismittel wie zum Beispiel Rechnungen, Warenkataloge, Etiketten, Verpackungen usw. oder Erklärungen unbeteiligter Dritter, sind zur Erbringung des Benutzungsnachweises in der Regel zusätzliche Belege erforderlich.

In Anbetracht dieser Ausführungen müssen die weiteren Beweismittel geprüft werden, um festzustellen, ob der Inhalt der Erklärung von den anderen eingereichten Beweismitteln gestützt wird.

Dabei ist festzustellen, dass nach Auffassung des Gerichts es nicht möglich ist, von vornherein und abstrakt zu bestimmen, ab welcher mengenmäßigen Grenze eine Benutzung als ernsthaft oder nicht anzusehen ist, und es kann folglich keine De-minimis-Regel geben, mit der von vornherein festgelegt werden kann, welches Maß an Benutzung erforderlich ist, damit diese als „ernsthaft“ gilt. Es muss also ein Mindestmaß an Benutzung nachgewiesen werden, doch hängt das genaue Mindestmaß von den Umständen des Einzelfalls ab. Es gilt die allgemeine Regel, dass selbst eine geringfügige Benutzung der Marke je nach den betreffenden Waren und Dienstleistungen zu einem nachvollziehbaren Handelszweck und dem relevanten Markt als Nachweis der ernsthaften Benutzung ausreichen könnte (Urteile vom 23/09/2009, T-409/07, acopat, EU:T:2009:354, § 35 und die dort zitierte Rechtsprechung; und vom 02/02/2012, T-387/10, Arantax, EU:T:2012:51, § 42). Mit anderen Worten: Belegt der Benutzungsnachweis, dass der Markeninhaber ernsthaft versucht hat, in dem maßgeblichen Markt eine wirtschaftliche Position einzunehmen oder zu erhalten, und die Marke nicht nur in der Absicht benutzt hat, die Rechte aus der Marke zu schützen (symbolische Benutzung), ist er ausreichend.

Das Amt muss ferner eine Gesamtwürdigung der vorgelegten Nachweise vornehmen. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und alle eingereichten Unterlagen müssen im Zusammenhang beurteilt werden. Einzelne Beweismitte können für sich genommen unzureichend sein, um die Benutzung einer älteren Marke nachzuweisen, jedoch in Kombination mit anderen Unterlagen oder Angaben durchaus einen Beitrag zum Nachweis der Benutzung leisten.

Angaben und Nachweise können dabei indirekt oder von indizieller Bedeutung sein, wie beispielsweise Belege über den Marktanteil im betreffenden Markt, die Einfuhr der betreffenden Waren, die Lieferung notwendiger Rohmaterialien oder Verpackungen an den Inhaber der Marke oder das Verfallsdatum der betreffenden Waren. Derartige indirekte Nachweise können bei der Gesamtwürdigung der vorgelegten Nachweise eine entscheidende Rolle spielen. Ihr Beweiswert muss sorgfältig geprüft werden. So heißt es beispielsweise im Urteil vom 08/07/2010, T-30/09, Peerstorm,  EU:T:2010:298, § 42 ff., dass Kataloge an sich schon unter bestimmten Umständen als schlüssiger Beweis für ein ausreichendes Maß an Benutzung gelten können.

Wie oben erwähnt ist es folglich nicht erforderlich, dass jedes Beweismittel für sich genommen Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke belegt. Es ist vielmehr ausreichend, dass sich die zu beweisenden Tatsachen aus den eingereichten Unterlagen in ihrer Gesamtheit ergeben (17/04/2008, C-108/07 P, Ferro, EU:C:2008:234, § 36). Die Kombination der Angaben aus der eidesstattlichen Versicherung und den beiden Unterlagen zur Markenbekanntheit bzw. dem Verbrauchervertrauen genügt nach Ansicht der Widerspruchsabteilung, um die Benutzung des Zeichens im relevanten Zeitraum zwischen Juli 2010 und Juli 2015 in Deutschland nachzuweisen.

Insbesondere die beiden Nachweise zur Bekanntheit bzw. dem Verbrauchervertrauen beweisen, dass der Benutzungsort Deutschland ist. Dies kann abgeleitet werden aus der Sprache der Dokumente (Deutsch) und den angegeben Erhebungsdaten (Befragte Personen bzw. Fälle in Deutschland). Die Nachweise beziehen sich also auf das relevante Gebiet.

Alle vorgenannten Nachweise stammen aus dem relevanten Zeitraum.

Die eingereichten Unterlagen liefern der Widerspruchsabteilung ausreichende Angaben über das Handelsvolumen, die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, sowie die Dauer und Häufigkeit der Benutzung. Zwar hat die Widersprechende kein weiteres direktes Material in Bezug auf die Verkäufe und/oder Umsätze eingereicht, wie z.B. Rechnungen. Allerdings bestätigen die Nachweise zur Bekanntheit bzw. dem Verbrauchervertrauen indirekt, dass die Marke in ausreichendem Maße im relevanten Zeitraum auf dem Markt präsent war.

Die Beweismittel belegen zudem, dass die Marke wie eingetragen und in Verbindung mit den von der Eintragung beanspruchten Waren benutzt wurde.

Der Gerichtshof hat befunden, dass eine „ernsthafte Benutzung“ einer Marke vorliegt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Darüber hinaus wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Unionsmarke verlangt, dass die Marke, so wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (11/03/2003, C-40/01, Minimax, EU:C:2003:145, sowie 12/03/2003, T-174/01, Silk Cocoon, EU:T:2003:68).

Unter Berücksichtigung der Beweismittel in ihrer Gesamtheit erreichen die von der Widersprechenden bereitgestellten Unterlagen – obwohl diese nicht sehr ausführlich sind – den erforderlichen Mindestgrad, der für die Feststellung einer ernsthaften Benutzung der älteren Marke im entsprechenden Zeitraum in dem entsprechenden Gebiet notwendig ist.

Die von der Widersprechenden vorgelegten Beweismittel zeigen jedoch keine ernsthafte Benutzung der Marke in Verbindung mit allen durch die ältere Marke erfassten Waren.

Gemäß Artikel 42 Absatz 2 UMV gilt die ältere Marke, wenn sie nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, benutzt worden ist, zum Zwecke der Prüfung des Widerspruchs nur für diesen Teil der Waren oder Dienstleistungen als eingetragen.

Nach der einschlägigen Rechtsprechung sollten folgende Punkte bei der Anwendung der oben genannten Bestimmung berücksichtigt werden:

„…Wenn eine Marke für eine Gruppe von Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden ist, die so weit ist, dass darin verschiedene Untergruppen ausgemacht werden können, die sich jeweils als selbständig ansehen lassen, wird der Schutz, der aus dem Nachweis fließt, dass die Marke für einen Teil dieser Waren oder Dienstleistungen ernsthaft benutzt worden ist, in einem Widerspruchsverfahren nur derjenigen Untergruppe oder denjenigen Untergruppen zuteil, zu der oder zu denen die Waren oder Dienstleistungen gehören, für die die Marke tatsächlich benutzt worden ist. Ist dagegen eine Marke für Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden, die so genau definiert worden sind, dass es nicht möglich ist, innerhalb der betreffenden Gruppe eindeutige Unterteilungen vorzunehmen, deckt der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des Widerspruchsverfahrens zwangsläufig diese ganze Gruppe ab.

Bezweckt nämlich der Begriff der teilweisen Benutzung, dass nicht Marken die Verfügbarkeit genommen wird, die für eine bestimmte Warengruppe nicht benutzt worden sind, so darf dieser Begriff doch nicht bewirken, dass der Inhaber der älteren Marke jeden Schutz für Waren verliert, die zwar nicht völlig mit den Waren identisch sind, für die er eine ernsthafte Benutzung hat nachweisen können, die sich jedoch von diesen nicht wesentlich unterscheiden und zu ein und derselben Gruppe gehören, bei der jede Unterteilung willkürlich wäre. Schließlich ist es dem Inhaber einer Marke praktisch unmöglich, deren Benutzung für alle denkbaren Varianten der von der Eintragung betroffenen Waren nachzuweisen. Infolgedessen kann der Begriff „Teil der Waren oder Dienstleistungen“ nicht so verstanden werden, dass er sich auf alle kommerziellen Ausprägungen ähnlicher Waren oder Dienstleistungen, sondern nur auf jene Waren oder Dienstleistungen bezieht, die unterschiedlich genug sind, um kohärente Gruppen oder Untergruppen bilden zu können.“

(14/07/2005, T-126/03, Aladin, EU:T:2005:288).

Im vorliegenden Fall beweist der Nachweis die Benutzung nur für Schmerzmittel. Diese Waren können als objektive Unterkategorie von pharmazeutischen Produkten angesehen werden. Folglich geht die Widerspruchsabteilung davon aus, dass der Nachweis die ernsthafte Benutzung der Marke nur für Schmerzmittel beweist.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:

Klasse 5:        Schmerzmittel.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

Klasse 10:        Katheter; Kardiovaskuläre Katheter; Medizinische Katheter; Herzkatheter; Ballonkatheter; Katheter für chirurgische Zwecke; Medizinische und chirurgische Katheter; Katheter für die Embolektomie.

Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 28 Absatz 7 UMV Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Die angefochtenen Katheter; Kardiovaskuläre Katheter; Medizinische Katheter; Herzkatheter; Ballonkatheter; Katheter für chirurgische Zwecke; Medizinische und chirurgische Katheter; Katheter für die Embolektomie sind Röhrchen oder Schläuche verschiedener Durchmesser aus verschiedenen Materialien (Kunststoff, Gummi, Silikon, Metall, Glas etc.), mit denen Hohlorgane (Harnblase, Magen, Darm, Gefäße), aber auch Ohr und Herz sondiert, entleert, gefüllt oder gespült werden können. Dies geschieht aus diagnostischen oder therapeutischen Gründen.

Es bestehen gewisse Berührungspunkte zu den Schmerzmitteln der Widersprechenden, bei denen es sich um Erzeugnisse handelt, die zur Verbesserung des medizinischen Zustands von Patienten benutzt werden. Es kann hierbei Übereinstimmungen hinsichtlich des Abnehmerkreises und der Vertriebskanäle dieser Waren geben. Entgegen der Auffassung der Anmelderin, können sich diese Übereinstimmung auch bei OTC-Medikamenten, d.h. rezeptfreien Arzneimittel, und spezialisierten medizinischen Artikeln ergeben, etwa in zentralisierten Einkaufsabteilungen von Kliniken o.ä. Darüber hinaus kann auch ein gewisses Ergänzungsverhältnis bestehen. Diese Auffassung wurde auch vom Gerichtshof bestätigt (10/09/2014, T-218/12, Delta / Delta et al, EU:T:2014:760, §§ 68, 69, 70, 71). Aus den obigen Gründen sind diese Waren daher zumindest geringfügig ähnlich.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Bei den fraglichen Waren handelt es sich um spezielle Waren für Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen im medizinischen Bereich.

Der Aufmerksamkeitsgrad ist hoch, da es sich um Waren handelt, die unmittelbare Auswirkung auf die Gesundheit haben.

  1. Die Zeichen

Aspirin

ASPIRON

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist Deutschland.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Es stehen sich die beiden Marken „Aspirin“ und „ASPIRON“ gegenüber.

Das Element „ASPIRON“ des strittigen Zeichens hat für das relevante Publikum keine Bedeutung und ist somit kennzeichnungskräftig.

Das Element „Aspirin“ der älteren Marke wird zwar im Duden Wörterbuch als „ein Schmerz- und Fiebermittel“ aufgeführt, es erscheint jedoch mit dem eindeutigen Hinweis auf einen eingetragenen Markennamen, nämlich als „Aspirin®“. Da der Begriff als Kunstwort keine Bedeutung hat, ist er, entgegen der Ansicht der Anmelderin, kennzeichnungskräftig.

Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf den Anfang eines Zeichens zu konzentrieren. Der Grund dafür ist, dass das Publikum von links nach rechts lesen wird, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst richtet.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „ASPIR*N“ überein. Sie unterscheiden sich lediglich in Bezug auf den jeweils vorletzten Buchstaben, „I“ bzw. „O“.

Die Zeichen sind daher in höchstem Maße ähnlich. 

In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „ASPIR*N“ überein. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang des vorletzten Buchstaben, nämlich „I“ in der älteren Marke und „O“ im angefochtenen Zeichen. Die Klangstruktur ist zudem in hohem Maße ähnlich aufgrund gleicher Silbenanzahl und Betonung

Die Zeichen sind daher in höchstem Maße ähnlich.

In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Laut der Widersprechenden wird die ältere Marke intensiv genutzt und genießt einen erweiterten Schutzumfang. Aus Gründen der Verfahrensökonomie müssen jedoch die von der Widersprechenden zum Beweis dieses Vorbringens eingereichten Belege im Rahmen des vorliegenden Falls nicht beurteilt werden (siehe unten in „Umfassende Beurteilung“).

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.

Die Waren sind zwar geringfügig ähnlich, die Zeichen jedoch bildlich und klanglich in höchstem Maße ähnlich.

Die zu vergleichenden Zeichen stimmen in sechs von sieben Buchstaben überein („ASPIR*N). Sie unterscheiden sich lediglich in ihren jeweils vorletzten Buchstaben. Die identische Buchstabenzahl und die fast identische Buchstabenfolge führen zu einer in höchstem Maße ähnlichen (nahezu identischen) visuellen und klanglichen Wahrnehmung der beiden Zeichen. Ein eindeutiger Bedeutungsgehalt, der ein begriffliches Auseinanderzuhalten der Zeichen ermöglichen könnte, fehlt darüber hinaus in beiden Marken. Hinzu kommt, dass der Unterschied den vorletzten Buchstaben betrifft, den Übereinstimmungen im Anfangsteil jedoch ein erhöhtes Gewicht zukommt, wie bereits in Teil c) erwähnt.

Weiter gilt, dass „die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren impliziert, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17). Vorliegend gleicht der äußerst hohe Grad an hohe Ähnlichkeit zwischen den Zeichen den geringfügigen Grad an Ähnlichkeit zwischen den Waren aus.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte, ist die Widerspruchsabteilung der Meinung, dass die geringfügige Abweichung im vorletzten Buchstaben nicht ausreicht, um eine Verwechslungsgefahr sicher auszuschließen. Folglich, besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr. Auch der erhöhte Aufmerksamkeitsgrad des betreffenden gewerblichen Publikums vermag dieses Ergebnis nicht zu ändern, denn selbst Verbraucher mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit müssen sich auf ihr unvollkommenes Bild von Marken verlassen (21/11/2013, T-443/12, ancotel, EU:T:2013:605, § 54).

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 36 433 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.

Da der Widerspruch auf Grundlage der älteren Marke von Haus zukommenden Kennzeichnungskraft erfolgreich ist, besteht keine Veranlassung, die von der Widersprechenden behauptete erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund Bekanntheit zu prüfen. Das Ergebnis wäre das gleiche, selbst wenn die ältere Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft besäße.

Da dem Widerspruch aufgrund von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV in vollem Umfang stattgegeben wurde, besteht zudem keine Notwendigkeit zur Prüfung des anderen Widerspruchsgrunds, nämlich Artikel 8 Absatz 5 UMV.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Renata COTTRELL

Konstantinos MITROU

Denitza STOYANOVA-VALCHANOVA

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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