bitect | Decision 2720939

WIDERSPRUCH Nr. B 2 720 939

Binect GmbH, Robert-Koch-Straße 9, 64331 Weiterstadt, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Arfmann Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Stephanienstraße 57, 76133 Karlsruhe, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Blockchain Technologies B.V., Koninginneweg 95, 1075CJ Amsterdam, Niederlande (Anmelderin), vertreten durch Vadim Blaustein, Stadsring 99, 3811 HP Amersfoort, Niederlande (zugelassener Vertreter).

Am 22/05/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 720 939 wird für alle angefochtenen Dienstleistungen stattgegeben.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 353 576 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 353 576 ein. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 14 949 747. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe  b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Dienstleistungen

Der Widerspruch basiert, unter anderem, auf den folgenden Dienstleistungen:

Klasse 36         Versicherungsdienstleistungen; Risikoeinschätzung, Taxierung und Bewertung für Versicherungen; Übernahme von Bürgschaften, Garantien und Gewährleistungen; Immobiliendienstleistungen; Einziehen von Miet- und Pachterträgen; Pfandleihdienste; Ausgabe von Wert- und Gutscheinkarten; Depotverwahrungsdienste; Finanz-, Geld- und Bankgeschäfte; Devisenhandel und Währungsumtausch; Dienstleistungen von Effekten- und Warenhandelsbörsen; Darlehens-, Kredit- und Leasingfinanzierungsdienste; Inkasso- und Factoringdienstleistungen; Investmentgeschäfte; Fondsanlagedienstleistungen; Finanzielle Risikoprüfung und Ausgabe von Schuldverschreibungen [Investmentbanking]; Finanztransfer-, Finanztransaktions- und Zahlungsdienste; Bargeld-, Scheck- und Geldanweisungsdienste; Dienstleistungen im Bereich von Bank-, Kredit- und Geldkarten; Zahlungsdienste im Bereich Steuern und Abgaben; Finanzauskunfts- und -beratungsdienste sowie Bereitstellen von Finanzdaten; Finanzielle Bonitätsprüfung und Kreditauskünfte; Finanzielle Schätzungen; Finanzierungen; Fundraising und Sponsoring; Finanzielle Begutachtungsdienste; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

Klasse 42         IT-Dienstleistungen; Entwicklung, Programmierung und Implementierung von Software; Entwicklung von Computerhardware; Hosting-Dienste; Software as a Service [SaaS]; Vermietung von Software; Vermietung von Computerhardware und -anlagen; IT-Beratungs-, Auskunfts- und Informationsdienstleistungen; IT-Sicherheits-, Schutz- und -Instandsetzungsdienste; Datenvervielfältigungs- und -konvertierungsdienste; Datenkodierungsdienste; Computeranalyse und -diagnostik; Forschung und Entwicklung sowie Implementierung von Computern und Computersystemen; Computerprojektmanagementdienste; Data mining; digitale Wasserzeichen; Computerdienste; technologische Dienste im Bezug auf Computer; Computernetzwerkdienste; Aktualisierung der Speicherbanken von Computersystemen; Datenmigrationsdienste; Aktualisierung von Websites für Dritte; Überwachung von Computersystemen durch Fernzugriff; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; Prüfung, Authentifizierung und Qualitätskontrolle; Designdienstleistungen; Verleih, Vermietung und Verpachtung von Gegenständen in Zusammenhang mit der Erbringung der vorgenannten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten; Beratung und Information in Bezug auf vorgenannte Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Dienstleistungen:

Klasse 36         Finanz-, Geld- und Bankgeschäfte; Ausgabe von Wert- und Gutscheinkarten; Finanzielle Begutachtungsdienste. 

Klasse 42         Designdienstleistungen; IT-Dienstleistungen; Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen. 

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 36

Finanz-, Geld- und Bankgeschäfte; Ausgabe von Wert- und Gutscheinkarten; Finanzielle Begutachtungsdienste sind identisch in beiden  Dienstleistungsverzeichnissen enthalten.

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 42

Designdienstleistungen; IT-Dienstleistungen; Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen  sind identisch in beiden Dienstleistungsverzeichnissen enthalten.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Dienstleistungen zum Teil an das breite Publikum und zum Teil an Fachverbraucher. Sie können in Preis und Komplexität variieren. Der Aufmerksamkeitsgrad wird dementsprechend zwischen durchschnittlich und hoch variieren.

  1. Die Zeichen

binect

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Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Die ältere Marke ist eine Wortmarke. Der Schutz, der sich aus der Eintragung einer Wortmarke ergibt, erstreckt sich auf das in der Anmeldung angegebene Wort und nicht auf die besonderen grafischen oder gestalterischen Aspekte, die diese Marke möglicherweise annehmen kann. Es ist für den Zeichenvergleich daher irrelevant, ob Wortmarken in Klein- oder Großbuchstaben dargestellt werden.

Das angefochtene Zeichen ist eine Bildmarke. Sie besteht aus einem gelben Bildelement mit weißem Einschnitt und einem darauf folgenden Wortelement in schwarzen Kleinbuchstaben in Standardschrift, welches den Großteil der Gesamtfläche des Zeichens einnimmt.

Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T-312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).

Keines der Markenwörter hat im relevanten Gebiet eine Bedeutung in Hinblick auf die fraglichen Dienstleistungen, so dass sie kennzeichnungskräftig sind. Auch das Bildelement des angefochtenen Zeichens ist kennzeichnungskräftig, da es weder banal noch rein dekorativ ist.

Das Wortelement „bitect“ im angefochtenen Zeichen ist das dominante Element, da es, aufgrund der Fläche, die es im Zeichen insgesamt einnimmt, am stärksten ins Auge springt.

Bildlich und klanglich, (unabhängig von den unterschiedlichen Ausspracheregeln in verschiedenen Teilen des maßgeblichen Gebiets) stimmen die Zeichen in ihren jeweils kennzeichnungskräftigen Wortbestandteilen in fünf von sechs Buchstaben überein, nämlich den Buchstaben BI*ECT. Sie unterscheiden sich im jeweils dritten Buchstaben, nämlich dem Buchstaben N in der älteren Marke gegenüber  dem Buchstaben T in dem angefochtenen Zeichen, sowie in dem visuell nachrangigen Bildelement des angefochtenen Zeichens, welches keine Entsprechung in der älteren Marke hat.  Klanglich fällt das Bildelement nicht ins Gewicht.

Die Zeichen sind daher insgesamt bildlich und klanglich stark ähnlich.

In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Im vorliegenden Fall sind die Dienstleistungen identisch und die Zeichen bildlich und klanglich stark ähnlich. Die Aufmerksamkeit des Verkehrs variiert von durchschnittlich bis hoch und die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist durchschnittlich.

Die Zeichen unterscheiden sich lediglich in einem Buchstaben ihrer kennzeichnungskräftigen Wortelemente, der sich zudem in der Wortmitte befindet, welcher der Verkehr erfahrungsgemäß weniger Beachtung schenkt, sowie dem Bildelement des angefochtenen Zeichens, welches jedoch, wie oben unter c) dargelegt, visuell weniger ins Gewicht fällt als das wirkungsstärkere Wortelement.

Sowohl der Anfang als auch das Ende der jeweils kennzeichnungskräftigen Wortbestandteile der Zeichen stimmen  hingegen überein.

Es ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).

Selbst Verbraucher mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit müssen sich auf ihr unvollkommenes Bild von Marken verlassen (21/11/2013, T-443/12, ancotel, EU:T:2013:605, § 54).

Vor diesem Hintergrund erscheinen die Unterschiede zwischen den Zeichen nicht ausreichend um sicher auszuschließen, dass der relevante Verkehr, selbst bei erhöhter Aufmerksamkeit, die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt und annimmt, dass die für identisch befundenen Dienstleistungen denselben betrieblichen Ursprung haben.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 14 949 747 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Beatrix STELTER

Tobias KLEE

Sigrid DICKMANNS

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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