Deep Nature Project | Decision 2691817 - Lidl Stiftung & Co. KG v. Andrea Bamacher

WIDERSPRUCH Nr. B 2 691 817

Lidl Stiftung & Co. KG, Stiftsbergstraße 1, 74172 Neckarsulm, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Harmsen Utescher, Neuer Wall 80, 20354 Hamburg, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Andrea Bamacher, Am Walzwerk 3, 7111 Parndorf, Österreich (Anmelderin), vertreten durch Helmut Klikovits, Hauptplatz 47, 7100 Neusiedl am See, Österreich (zugelassener Vertreter).

Am 26/05/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 691 817 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben, und zwar

Klasse 32:        Biere; Mineralwässer; Kohlensäurehaltige Wässer; Alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe für Getränke; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken.

Klasse 33:        Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere].

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 000 169 wird für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen. Sie kann für die übrigen Waren und Dienstleistungen weitergeführt werden.

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 000 169, ein, und zwar gegen alle der Waren der Klassen 32 und 33. Der Widerspruch beruht auf der internationalen Markenregistrierung Nr. 1 216 609 mit Schutzerstreckung auf Estland und Polen. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe  b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:

Klasse 32:        Biere, Mineral- u. kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränke.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

Klasse 32:        Biere; Mineralwässer; Kohlensäurehaltige Wässer; Alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe für Getränke; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken.

Klasse 33:        Alkoholische Getränke [ausgenommen Biere].

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Waren in Klasse 32

Die angefochtenen Biere; Mineralwässer; Kohlensäurehaltige Wässer; Alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe für Getränke; Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken sind in den beiden Listen von Waren identisch enthält.

 

Angefochtene Waren in Klasse 33

Die Biere der Widersprechenden und die angefochtenen alkoholische Getränke (ausgenommen Biere) sind ähnlich. Obgleich die Herstellungsprozesse unterschiedlich sind, zählen all diese Waren zur gleichen Gruppe alkoholischer Getränke, die an die allgemeinen Verbraucher gerichtet sind. Sie können in Restaurants und Bars serviert und in Supermärkten und Lebensmittelgeschäften verkauft werden. Diese Getränke sind in Supermärkten möglicherweise sogar in den gleichen Bereichen zu finden, selbst wenn bei den Getränken beispielsweise hinsichtlich ihrer jeweiligen Untergruppe in gewissem Maße unterschieden werden kann. In einigen Fällen können Biere und alkoholfreie Getränke gemischt und zusammen konsumiert werden, beispielsweise in Cocktails. Außerdem können die Hersteller dieser Waren identisch sein.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder ähnlich befundene Waren an das breite Publikum.

Allerdings kann ein Teil der fraglichen Waren als spezielle Waren für Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen angesehen werden, insbesondere soweit es sich um Sirupe für die Zubereitung von Getränken; Präparate für die Zubereitung von Getränken handelt, die offensichtlich an professionales Publikum eingerichtet sind. In jedem Fall gilt der Aufmerksamkeitsgrad als durchschnittlich, da die Waren alltägliche Produkte mit relativ billigen Preisen sind.  

  1. Die Zeichen

        DEEP

Deep Nature Project

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Die relevanten Gebiete sind Estland und Polen.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C-514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Dies gilt analog für internationale Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union. Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht. In dem fraglichen Fall hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Polnisch spricht, da dieses Publikum ein Verständnis von einigen von den Wortkomponenten der Marken hat.

Die Elemente „Nature Project“ des angefochtenen Zeichens werden vom Polnischen Publikum höchstwahrscheinlich als „Naturprojekt“ verstanden, da diese Wörter ähnliche Äquivalente im Polnisch haben (nämlich „natura“ und „projekt“) und der ganze Ausdruck wird dabei mit einem umweltfreundlichen Projekt assoziiert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren dem Bereich Getränke zuzuordnen sind, kann dieses Element nur mit einer beschränkten Unterscheidungskraft für diese Waren berücksichtigt werden, da es sie als ökologische oder Bio-Getränke bezeichnen kann oder als Waren produziert auf eine umweltfreundlichen Weise.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „DEEP“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf „Nature Project“ in dem angefochtenen Zeichen. Die Zeichen sind daher stark ähnlich, da dem sie unterscheidenden Element nur eine beschränkte Unterscheidungskraft zukommt.  

In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache im Klang der Buchstaben „„DEEP“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang der Buchstaben „Nature Project“ der angefochtenen Marke, für die es in der älteren Marke keine Entsprechung gibt. Wie oben dargestellt, wird dieses sich unterscheidende Element als schwächer berücksichtigt und die Zeichen sind daher stark ähnlich.

Begrifflich, obwohl das Publikum im relevanten Gebiet die Bedeutung der Elemente des strittigen Zeichens wie oben erklärt wahrnehmen wird, hat die ältere Marke  keine Bedeutung in diesem Gebiet. Da eines der Zeichen keine Bedeutung hat, sind die Zeichen begrifflich nicht ähnlich.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich  als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Die Waren sind identisch und ähnlich und der Aufmerksamkeitsgrad ist durchschnittlich.

Die Zeichen wurden in bildlicher und in klanglicher Hinsicht für stark ähnlich befunden, was auf dem gemeinsamen Wortelement „DEEP“ beruht, das über eine normale Kennzeichnungskraft in beiden Marken verfügt. Auf der anderen Seite wurde der Ausdruck „Nature Project“ als ein Element mit einer beschränkten Unterscheidungskraft berücksichtigt, da er auf bestimmte Eigenschaften der fraglichen Waren hinweist, nämlich auf deren Eigenschaft als Öko/Bio-Getränke oder als auf eine umweltfreundlicher Weise hergestellte Produkte. „Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).

Zudem besteht Verwechslungsgefahr dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Im fraglichen Fall könnten die Verbraucher falsch vermuten, dass die zusätzlichen Wörter „Nature Project“ der angefochtenen Marke eine neue Linie von Produkten desselben Unternehmens bezeichnen, bzw. eine solche, die mehr ökologisch orientiert ist.

„Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Polnisch-sprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der internationalen Markenregistrierung Nr. Nr. 1 216 609 mit Schutzerstreckung auf Polen, der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.

Da das ältere Recht, das mit Schutzerstreckung auf Estland ist, für sämtliche Waren und Dienstleistungen, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Rechte, die die Widersprechende geltend macht (vgl. 16/09/2004, T-342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Volker

 MENSING

Patricia

LOPEZ FERNANDEZ DE CORRES

Robert

MULAC

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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