FOCUS TITANIUM | Decision 0981177

WIDERSPRUCH Nr. B 981 177

Focus Magazin Verlag GmbH, Arabellastr. 23, 81925 München, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch SSB Söder Schwarz Berlinger Rechtsanwälte Partg mbB, Arabellastr. 17, 81925 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)

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Ford Motor Company, One American Road, Dearborn, Michigan 48126, Vereinigte Staaten von Amerika (Anmelderin), vertreten durch Lorenz Seidler Gossel Rechtsanwälte Patentanwälte Partnerschaft mbB, Widenmayerstr. 23, 80538 München, Deutschland (zugelassener Vertreter).

Am 11.07.2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 981 177 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 4 044 798 ein. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 453 720 und den deutschen Markeneintragungen Nr. 39 407 564 und Nr. 2 057 734, jeweils für die Wortmarke „FOCUS“. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV und Artikel 8 Absatz 5 UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren und Dienstleistungen

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:

Unionsmarkeneintragung Nr. 453 720

Klasse 3: Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Seifen, Schminken, Kosmetika, Haarwässer, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Rasierwässer und -cremes, Deodorants; Toilettenartikel; Zahnputzmittel.

Klasse 6: Waren aus unedlen Metallen; Schilder aus Metall.

Klasse 7: Motorgetriebene Werkzeugmaschinen, insbesondere motorgetriebene Werkzeuge für Handwerker- und Hobbyzwecke.

Klasse 9: Ton-, Bild- und Videodatenträger, insbesondere zur Präsentation von Informationen, einschließlich Kultur-, Sport-, wissenschaftliche, industrielle oder technische Informationen; Chipkarten; wissenschaftliche Apparate und Instrumente für die Forschung in Laboratorien, Schifffahrts- und Vermessungsapparate, ausgenommen solche in Bezug auf Optik; Apparate und Instrumente für die Schwachstromtechnik, nämlich für Nachrichten, Hochfrequenz und Regelungstechnik; fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, ausgenommen solche in Bezug auf Optik; Waren für Aufzeichnungs- und Wiedergabezwecke; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Lautsprecher, elektronische Verstärker; alle vorstehend genannten Waren, soweit sie in Klasse 9 enthalten sind, ausgenommen im Bereich Fotogrammetrie.

Klasse 14: Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren; Juwelierwaren, Schmuckwaren; Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente; Modeschmuck, insbesondere Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Armbänder, Broschen, Anstecknadeln und Ohrringe; Aschenbecher.

Klasse 16: Schreibwaren, Klebstoffe (für Papier- und Schreibwaren).

Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall); Bürsten; Glaswaren, Porzellan und Tonwaren.

Klasse 25: Bekleidungsstücke, einschließlich Stiefel und Schuhe; Kopfbedeckungen, Mützenschirme als Bekleidungszubehör, Stirn- und Körperbänder; Strickwaren, T-Shirts, Bademäntel, Jeans, Strümpfe, Sportbekleidung, Sportschuhe; Ledergürtel und Riemen.

Klasse 28: Turn- und Sportartikel, ausgenommen Bekleidungsstücke, Spielwaren, nämlich Spielzeugautos, Modellautos; Spiele, Computer-Spiele.

Klasse 29: Getränke aus der Basis von Milch.

Klasse 32: Biere; Fruchtgetränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke.

Klasse 33: Spirituosen.

Klasse 35: Vermittlung von Karten für Veranstaltungen.

Klasse 38: Telekommunikation und Dienstleistungen einer Informationsbank, Bereitstellung von Informationen für Dritte, Ausstrahlung von Informationen über drahtlose oder Kabelnetze, Organisation und Ausstrahlung von Rundfunk- und Fernsehsendungen; Online-Dienste und -Ausstrahlung.

Klasse 39: Vermittlung von Reisen, Vermittlung von Mietwagen.

Klasse 41: Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Bereitstellung von Turnhallen, Fitnesszentren, Freizeitzentren und Kasinos; Fanklubdienste; Durchführung von Veranstaltungen.

Klasse 42: Beherbergung, Verpflegung und Bewirtung von Gästen; Vermittlung von Unterkünften, einschließlich Hotels.

Deutsche Marke Nr. 39 407 564 (unter Berücksichtigung der Einschränkung des Verzeichnisses, aber ohne Berücksichtigung der Änderung der Klassenangabe im Rahmen der Umklassifizierung durch das Deutsche Patent- und Markenamt)

Klassen 3, 5-9, 14-16, 18, 20-21, 24-26, 28-30, 33-34, 36, 38-39, 41 und 42: Dienstleistungen eines Redakteurs; Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger; Veranstaltung und Verbreitung von Hörfunk und Fernsehsendungen; Organisation von Veranstaltungen kultureller, wissenschaftlicher, sportlicher und auch politischer Art sowie Vermittlung von Karten für Veranstaltungen; Vermittlung von Reisen, von Unterkünften einschließlich Hotels, auch von Mietwagen; Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Schminken, Kosmetika, Haarwässer, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Rasierwässer und -cremes, Deodorants; Toilettenartikel, nämlich Toilettenpapier, Reinigungsmittel und Zahncreme; Zahnputzmittel; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Erzeugnisse für die Gesundheitspflege, diätetische Erzeugnisse, auf der Basis von Vitaminen, von Eiweiß und/oder auf der Basis von Kohlehydraten als Nahrungsmittel für die Aufbau- oder nährstoffreduzierte, kalorienkontrollierte Ernährung, als sportliche Aufbaumittel, Vitamin- und Mineral- sowie spurenelementhaltige auch stimulierende Aufbaupräparate o.ä.; Waren aus unedlen Metallen, soweit in Klasse 6 enthalten, Schilder aus Metall und/oder Kunststoff; Anstecknadeln, modische Assecoires, nämlich Schnallen, Schlösser bzw. Schließen aus Metall und/oder Kunststoff; motorgetriebene Werkzeug-Maschinen, insbesondere motorgetriebene Werkzeuge als Handwerker- und Hobbywerkzeuge; Messerschmiedewaren, Gabeln, Löffel; handbetätigte Werkzeuge und Geräte; Übertragung von Signalen; Magnetaufzeichnungsträger; Lautsprecher, elektronische Verstärker; Edelmetalle und deren Legierungen; Juwelierwaren; Edelsteine; Uhren und andere Zeitmeßinstrumente; Modeschmuck insbesondere Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Armbänder, Broschen, Anstecknadeln, Ohrringe; Schmuckgegenstände (soweit in Klasse 14 enthalten); Aschenbecher; Musikinstrumente; Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Poster, Aufkleber, Kalender, Photographien; Schreibwaren, Klebstoffe (für Papier- und Schreibwaren), Schreibmaschinen- und Büroartikel, nämlich nichtelektrische Bürogeräte, Schreibgeräte, Kugelschreiber, Füllfederhalter; Lehr und Unterrichtsmittel auch in Form von Modellen und Anschauungstafeln; Ledergürtel; kleine handbetätigte Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall); Bürsten; Glaswaren, Porzellan und Steingut (soweit in Klasse 21 enthalten); Web- und Wirkstoffe; Bett- und Tischdecken; Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Handtücher, Frotte-Textilien (soweit in Klasse 25 enthalten); Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten, Spielzeug, nämlich Spielzeugautos, Modellautos; Spiele, Computer-Spiele; Biere; Fruchtgetränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; milchhaltige Getränke; Spirituosen; Rohtabak und Tabakfabrikate; Raucherartikel, nämlich Zigarrenabschneider, Zigaretten- und Zigarrenspitzen, Streichhölzer, Feuerzeuge; Beherbergung; Verpflegung und Unterbringung von Gästen; Betrieb von Gymnastik- und Fitneßanlagen und Freizeitparks sowie Spielbanken; Betrieb von Fan-Clubs.

Deutsche Marke Nr. 2 057 734

Klasse 16: Druckereierzeugnisse und Verlagserzeugnisse, insbesondere Magazine; Zeitschriften, Zeitungen und Broschüren, Bücher; Lichtbilderzeugnisse, Fotografien (soweit in Klasse 16 enthalten).

Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Magazinen, Zeitungen, Zeitschriften, Broschüren und Büchern, sowie von Lehr- und Informationsmaterial einschließlich gespeicherter Ton- und Bildinformation, Produktion von Ton- und Bildaufzeichnungen auf Ton- und Bildträger.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

Klasse 12: Kraftfahrzeuge, Lastwagen, Lieferwagen, Sportnutzfahrzeuge (SUV), Bauteile für Landfahrzeuge und Motoren für Landfahrzeuge.

Eine Auslegung des Wortlautes der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und Dienstleistungen zu bestimmen.

Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“, „auch“ und „einschließlich“ in den Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen der Widersprechenden ist ersichtlich, dass die genannten Waren und Dienstleistungen lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten genannt werden und sich der Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt, dieses Wort leitet eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen ein (Siehe Urteil vom 09/04/2003, T-224/01, Nu-Tride, EU:T:2003:107).

Das Wort „nämlich“, welches ebenfalls in den Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen der Widersprechenden benutzt wird, um die Beziehung der konkreten Waren und Dienstleistungen zur weiter gefassten Kategorie aufzuzeigen, wirkt hingegen ausschließend und beschränkt den Umfang der Eintragung auf die konkret angegebenen Waren und Dienstleistungen.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Waren in Klasse 12

Bei den angefochtenen Waren handelt es sich um diverse motorbetriebene Landfahrzeuge sowie deren Bauteile, einschließlich Motoren. Es bestehen keine markenrechtlich relevanten Berührungspunkte zu den Waren und Dienstleistungen in den Klassen 3, 5-9, 14-16, 18, 20-21, 24-26, 28-30, 32-36, 38-39 und 41-42 der Widersprechenden. Die Vergleichswaren und –dienstleistungen sind allesamt deutlich unterschiedlicher Art und sie werden über andere Vertriebswege angeboten. Sie verfolgen auch andere Zwecke, werden auf andere Art und Weise genutzt und richten sich an andere Endabnehmer mit unterschiedlichen Interessen. Sie stehen weder in einem Ergänzungs- noch in einem Austauschverhältnis. Schließlich stammen sie aus unterschiedlichen Unternehmen. Sie sind unähnlich (siehe die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 30/03/2017, R 1356/2016-1, FOCUS CC / FOCUS et.al.)

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden besteht keine Ähnlichkeit zwischen ihren Spielzeug- und Modellautos in Klasse 28 und den diversen angefochtenen motorbetriebenen Landfahrzeugen und deren Teile (inkl. Motoren) (25/01/2007, C-48/05, Opel, EU:C:2007:55, § 34). Der Verbraucher weiß, dass diese Waren nicht von denselben Unternehmen hergestellt werden, da das Know-how zur Herstellung der Vergleichswaren gänzlich unterschiedlich ist. Wie oben erläutert, unterscheiden sich die Vergleichswaren in allen relevanten Ähnlichkeitskriterien.

  1. Schlussfolgerung

Gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV ist die Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen Voraussetzung für die Annahme einer Verwechslungsgefahr. Da die Waren und Dienstleistungen eindeutig unähnlich sind, ist eine der notwendigen Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV nicht erfüllt und der Widerspruch muss zurückgewiesen werden.

Des Weiteren ist das Argument der Widersprechenden zu prüfen, dass die älteren Marken, in denen ausnahmslos derselbe Wortbestandteil „FOCUS“ vorkommt, eine „Markenfamilie“ oder „Serienmarke“ darstellen. Ein solcher Umstand sei geeignet, eine objektive Verwechslungsgefahr hervorzurufen, da der Verbraucher, wenn er sich der angefochtenen Marke, die den gleichen Wortbestandteil wie die älteren Marken enthalte, gegenübergestellt sehe, zu dem Glauben verleitet werde, dass die durch diese Marke gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen ebenfalls von der Widersprechenden stammten.

Der Begriff der Markenfamilie ist in einem Urteil des Gerichts vom 23/02/2006, T-194/03, Bainbridge, EU:T:2006:65 erschöpfend analysiert worden.

Der damit beschriebene Sachverhalt liegt vor, wenn sich der Widerspruch auf mehrere ältere Marken stützt, die aufgrund bestimmter Merkmale einer einzigen „Serie“ oder „Familie“ zugeordnet werden können. Unter diesen Umständen kann eine gedankliche Verbindung zwischen der angemeldeten Marke und den älteren Marken, die der Serie angehören, eine Verwechslungsgefahr bedingen. Doch kann diese Gefahr der gedanklichen Verbindung nur dann geltend gemacht werden, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind.

Erstens muss die Inhaberin einer Serie älterer Eintragungen einen Benutzungsnachweis für alle der Serie zugehörigen Marken oder zumindest für einige Marken, die eine „Serie“ bilden können, erbringen. Zweitens muss die angemeldete Marke nicht nur denen der Serie ähnlich sein, sondern auch Merkmale aufweisen, die geeignet sind, sie mit der Serie in Verbindung zu bringen.

Im vorliegenden Fall konnte die Widersprechende nicht nachweisen, dass sie eine Familie der Marken „FOCUS“ in denselben Bereichen benutzt, die von der angefochtenen Marke erfasst werden. Die von der Widersprechenden vorgelegten Beweismittel (insbesondere ihre Anlagen 10 bis 14) belegen insbesondere keine Benutzung im Bereich der Autoindustrie und deren Zulieferindustrien. Daher muss dieses Argument der Widersprechenden zurückgewiesen werden.

BEKANNTHEIT – ARTIKEL 8 ABSATZ 5 UMV

Die Widersprechende machte Bekanntheit hinsichtlich Zeitschriften für beide älteren deutschen Marken geltend. Da es sich jeweils um das Wortzeichen „FOCUS“ handelt, wird im Folgenden auf das Zeichen „FOCUS“ im Singular Bezug genommen.

Gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV ist auf Widerspruch der Inhaberin einer eingetragenen älteren Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 UMV die angefochtene Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Demnach sind die in Artikel 8 Absatz 5 UMV genannten Eintragungshindernisse nur unter folgenden Voraussetzungen zutreffend:

  • Die Zeichen müssen entweder identisch oder ähnlich sein.

  • Die Marke der Widersprechenden muss bekannt sein. Die Bekanntheit muss zudem vor der Anmeldung der angefochtenen Marke bestanden haben; sie muss in dem betreffenden Gebiet und im Zusammenhang mit den Waren und/oder Dienstleistungen bestehen, aufgrund derer der Widerspruch eingelegt wurde.

  • Gefahr einer Rechtsverletzung: Die Benutzung der angefochtenen Marke würde die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen.

Die vorgenannten Anforderungen sind kumulativ; ist daher eine der Anforderungen nicht erfüllt, so führt dies zur Zurückweisung des Widerspruchs nach Artikel 8 Absatz 5 UMV (16/12/2010, T-345/08, & T-357/08, Botolist / Botocyl, EU:T:2010:529, § 41). Allerdings ist zu beachten, dass die Einhaltung aller vorgenannten Voraussetzungen unter Umständen nicht ausreicht. So kann der Widerspruch auch dann zurückgewiesen werden, wenn die Anmelderin einen rechtfertigenden Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke vorträgt.

Im vorliegenden Fall wurde von der Anmelderin kein rechtfertigender Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke geltend gemacht. In Ermangelung anderweitiger Angaben ist daher davon auszugehen, dass kein rechtfertigender Grund besteht.

 

  1. Die Zeichen

FOCUS

FOCUS TITANIUM

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist Deutschland.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Die Vergleichszeichen sind jeweils in allen Schreibweisen geschützte Wortmarken, die per Definition keine dominanten (stärker visuell ins Auge springende) Elemente aufweisen.

Das übereinstimmende Element „FOCUS“ der beiden Zeichen wird aufgrund der Nähe zu dem deutschen Wort „Fokus“ als „Brennpunkt“ verstanden  (siehe Duden Online). Da dieses Element keine beschreibende, anspielende oder anderweitig kennzeichnungsschwache Bedeutung hat, ist es normal kennzeichnungskräftig.

Die angefochtene Marke verfügt darüber hinaus über ein zweites Wortelement, nämlich „TITANIUM“. Dieser veraltete Begriff für „Titan“ wird als ein „chemisches Element; hartes Leichtmetall“ wahrgenommen (siehe Duden Online unter dem Stichwort „Titan“). Hinsichtlich der relevanten Waren aus dem Bereich „Landfahrzeuge“ ist dieses Element kennzeichnungsschwach, da es auf die Beschaffenheit der Waren anspielt.

Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Da die Zeichen aufgrund der Übereinstimmung in dem  Wort „FOCUS“ als ähnlich wahrgenommen werden, sind sie begrifflich hochgradig ähnlich, denn das unterschiedliche Konzept „TITANIUM“ in der angefochtenen Marke ist kennzeichnungsschwach und hat daher lediglich einen begrenzten Einfluss auf den Zeichenvergleich.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf den kennzeichnungskräftigen „FOCUS“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf das zusätzliche Wortelement „TITANIUM“ am Ende der Anmeldemarke, das jedoch kennzeichnungsschwach ist.

Das ältere Zeichen ist vollständig in der Anmeldemarke enthalten und bildet dort den Zeichenanfang. Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf das erste Element eines Zeichens zu konzentrieren. Gerechtfertigt wird dies durch die Tatsache, dass das Publikum von links nach rechts liest, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst lenkt.

Die Zeichen sind daher bildlich hochgradig ähnlich.

In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen in den Silben /fo-cus/ in den Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich hingegen im Klang der zusätzlichen vier Silben /ti-ta-ni-um/ der angefochtenen Marke, für die es in dem älteren Zeichen keine Entsprechung gibt. Da die zusätzlichen Silben kennzeichnungsschwach sind, ist ihr Einfluss jedoch begrenzt.

Die Zeichen sind daher auch klanglich hochgradig ähnlich.

Die verglichenen Zeichen sind somit insgesamt hochgradig ähnlich, denn sie weisen jeweils den Bestandteil „FOCUS“ (am Zeichenanfang) auf.

  1. Bekanntheit der älteren Marke

Die Widersprechende machte Bekanntheit für das Zeichen „FOCUS“ hinsichtlich Zeitschriften geltend.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie nimmt die Widerspruchsabteilung keine vollständige Prüfung der zum Nachweis der Bekanntheit des Zeichens „FOCUS“ eingereichten Unterlagen vor, sondern geht von der Annahme aus, dass das ältere Zeichen über einen hohen Bekanntheitsgrad für Zeitschriften in Deutschland verfügt.

  1. Die gedankliche Verbindung zwischen den Marken

Die Vergleichszeichen sind hochgradig ähnlich und die Widerspruchsabteilung geht von der Annahme aus, dass die ältere Marke „FOCUS“ in Deutschland bekannt ist.

Um festzustellen, ob die Gefahr einer Rechtsverletzung besteht, muss der Nachweis erbracht werden, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in Anbetracht aller einschlägigen Faktoren eine gedankliche Verbindung (oder Verknüpfung) zwischen den Marken herstellt. Die Notwendigkeit einer solchen „Verbindung“ zwischen den gegenüberstehenden Marken ist in Artikel 8 Absatz 5 UMV nicht ausdrücklich erwähnt, wurde jedoch in den Urteilen vom 23/10/2003, C-408/01, Adidas, EU:C:2003:582, § 29 und 31, und vom 27/11/2008, C-252/07, Intel, EU:C:2008:655, § 66 bestätigt. Es handelt es sich nicht um eine zusätzliche Voraussetzung, sondern ist lediglich Ausdruck der Notwendigkeit, festzustellen, ob die Verbindung, die das Publikum zwischen den Marken herstellen könnte, so beschaffen ist, dass es nach Prüfung aller für den jeweiligen Fall relevanten Faktoren wahrscheinlich zu einer Beeinträchtigung oder unlauteren Ausnutzung kommen wird.

Mögliche relevante Faktoren für die Untersuchung einer „Verbindung“ sind unter anderem (27/11/2008, C-252/07, Intel, EU:C:2008:655, § 42):

        der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen;

        die Art der Waren und Dienstleistungen, einschließlich des Grades der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zwischen diesen Waren und Dienstleistungen, sowie die betreffenden Verkehrskreise;

        das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke;

        der Grad der der älteren Marke innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft;

        das Bestehen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum.

Diese Liste ist nicht erschöpfend und je nach den besonderen Umständen können auch andere Kriterien zum Tragen kommen. Auch kann das Bestehen einer „Verbindung“ auf der Grundlage von nur einigen dieser Kriterien festgestellt werden.

Obwohl die beteiligten Verkehrskreise dieselben sind oder sich für die von den gegenüberstehenden Marken erfassten Waren in gewissem Maße überschneiden, sind diese Waren so unterschiedlich, dass die jüngere Marke das betreffende Publikum wahrscheinlich nicht an die ältere Marke erinnert.

Die Widerspruchsabteilung nimmt die Bekanntheit des älteren Zeichens FOCUS für Zeitschriften in Klasse 16 an.

Die angefochtenen Waren sind Kraftfahrzeuge, Lastwagen, Lieferwagen, Sportnutzfahrzeuge (SUV), Bauteile für Landfahrzeuge und Motoren für Landfahrzeuge in Klasse 12.

Es konnte keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden (siehe weiter oben).

Die Vergleichswaren sind sehr unterschiedlicher Art: während es sich bei den Zeitschriften der älteren Marke um Druckereierzeugnisse aus Papier handelt, bestehen die angefochtenen Waren vorwiegend aus Metall und Kunststoffen. Die Vergleichswaren werden auch über gänzlich andere Vertriebswege vermarktet, nämlich über Zeitschriftenabteilungen in Bücherläden oder Supermärkten bzw. Zeitungskioske im Gegensatz zu Autohändlern, Autowerkstätten, Zulieferfirmen der Autoindustrie etc. Die Waren stehen in keinem Ergänzungs- oder Austauschverhältnis und werden von unterschiedlichen Industriezweigen hergestellt.

Entgegen der Auffassung der Widersprechenden führt der Umstand, dass in ihren Zeitschriften u.a. über Autos berichtet wird, zu keiner gedanklichen Verbindung zwischen Zeitschriften und den diversen angefochtenen Fahrzeugen und deren Bauteile (inkl. Motoren).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Grad der Unähnlichkeit der Waren sehr hoch ist.

Der Gerichtshof hat diesbezüglich darauf hingewiesen, dass „die Art der Waren und Dienstleistungen, für die die einander gegenüberstehenden Marken jeweils eingetragen sind, einschließlich des Grades ... der Unähnlichkeit dieser Waren und Dienstleistungen sowie die betreffenden Verkehrskreis“ ein Faktor ist, der bei der Erwägung einer Verbindung zu berücksichtigen ist (siehe Intel, § 42).

Vor diesem Hintergrund ist es nicht plausibel, dass das Publikum beim Kauf der mit der angefochtenen Marke versehenen Kraftfahrzeuge, Lastwagen, Lieferwagen, Sportnutzfahrzeuge (SUV), Bauteile für Landfahrzeuge und Motoren für Landfahrzeuge in Klasse 12 an die ältere Marke erinnert wird (siehe die Entscheidung der Beschwerdekammer vom 30/03/2017, R 1356/2016-1, FOCUS CC / FOCUS et.al.).

Unter Berücksichtigung und Abwägung aller einschlägigen Faktoren des vorliegenden Falles kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass es unwahrscheinlich ist, dass das jeweilige Publikum die einander gegenüberstehenden Zeichen in gedanklichen Zusammenhang miteinander bringt, d. h. eine „Verbindung“ herstellen wird.

Somit ist der Widerspruch auch gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV unbegründet.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Claudia MARTINI

Beatrix STELTER

Sigrid DICKMANNS

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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