INBACIO | Decision 2694142

WIDERSPRUCH Nr. B 2 694 142

Merck KGaA, Frankfurter Str. 250, 64293 Darmstadt, Deutschland (Widersprechende)

g e g e n

Shionogi & Co. Ltd., 1-8, Doshomachi 3-chome, Chuo-ku, Osaka  541-0045, Japan (Anmelderin), vertreten durch Vossius & Partner Patentanwälte Rechtsanwälte mbB, Siebertstr. 3, 81675 München, Deutschland, (zugelassener Vertreter).

Am 08/03/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 694 142 wird für alle angefochtenen Waren  stattgegeben.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 052 251 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.

3.        Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 320 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 052 251 ein, und zwar gegen alle Waren der Klasse 5. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der deutschen Markeneintragung Nr. 30 2015 048 607. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstaben a und b UMV sowie auf Artikel 8 Absatz 5 UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die deutsche Markeneintragung Nr. 30 2015 048 607 der Widersprechenden.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:

Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse für den menschlichen Gebrauch.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

Klasse  5: Antiinfektive pharmazeutische Erzeugnisse.

Die angefochtenen Waren Antiinfektive pharmazeutische Erzeugnisse sind in der weiter gefassten Kategorie der Waren Pharmazeutische Erzeugnisse für den menschlichen Gebrauch der Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit ihr. Deshalb sind sie identisch.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch an ein Fachpersonal mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen, wie beispielsweise Ärzten.

Es wird ein hoher Aufmerksamkeitsgrad zugrunde gelegt.

Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass der Aufmerksamkeitsgrad des maßgeblichen Publikums in Bezug auf pharmazeutische Erzeugnisse relativ hoch ist, unabhängig davon, ob diese verschreibungspflichtig sind oder nicht (15/12/2010, T-331/09, Tolposan, EU:T:2010:520, § 26; 15/03/2012, T-288/08, Zydus, EU:T:2012:124, § 36 sowie zitierte Rechtsprechung).

Insbesondere medizinisches Fachpersonal bringt bei der Verschreibung von Arzneimitteln einen hohen Grad an Aufmerksamkeit auf. Auch ein nicht spezialisiertes Publikum zeigt, unabhängig davon, ob die Arzneimittel verschreibungspflichtig sind oder nicht, einen höheren Aufmerksamkeitsgrad, da sich diese Erzeugnisse auf seine Gesundheit auswirken.

  1. Die Zeichen

IDACIO

INBACIO

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist Deutschland.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Es stehen sich zwei Einwortmarken gegenüber: die ältere Marke besteht aus sechs Buchstaben „IDACIO“, während die angefochtene Marke aus den sieben Buchstaben „INBACIO“ zusammengesetzt ist.

Beide Marken weisen keine Elemente auf, die als eindeutig kennzeichnungskräftiger oder dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente erachtet werden können.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „I*ACIO“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf „D“ an zweiter Position in der älteren Marke, denen die Buchstaben „NB“ in der angefochtenen Marke gegenüber stehen.  

Die Übereinstimmung in fünf von insgesamt sechs Buchstaben der älteren Marke führt dazu, dass die Zeichen durchschnittlich ähnlich sind.

In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben /I**ACIO/ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich in den Buchstaben /D/ an zweiter Position in der älteren Marke, denen die Buchstaben /NB/ im angefochtenen Zeichen gegenüber stehen. Die Übereinstimmungen führen dazu, dass die Zeichen über die identische Vokalfolge /I-A-IO/ verfügen und daher in ihrem Klangrhythmus und Klangbild übereinstimmen.

Die Zeichen sind daher klanglich durchschnittlich ähnlich.

In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen; diese Beurteilung hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das Publikum zwischen den beiden Zeichen aufbauen könnte sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen und zwischen den Waren und Dienstleistungen (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 22).

Die in Rede stehenden Waren sind identisch. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist durchschnittlich.

Im Schriftbild stimmen die Zeichen in den Buchstaben /I*ACIO/, mithin in fünf von sechs bzw. sieben Buchstaben, und zwar an ihren Anfängen und Enden an gleicher Position überein. Die Zeichen weisen somit eine nahezu gleiche Länge auf. Sie unterscheiden sich lediglich in den Buchstaben /D/ und /NB/ im Wortinneren, was zu einer durchschnittlichen schriftbildlichen Zeichenähnlichkeit führt. In klanglicher Hinsicht führen die Übereinstimmungen dazu, dass die Zeichen eine identische Silbenanzahl sowie in ihren Anfangs- und Endlauten übereinstimmen. Zudem weist keine der Vergleichsmarken einen eindeutigen Bedeutungsgehalt auf, der es dem Verbraucher erleichtern könnte, die Zeichen begrifflich auseinanderzuhalten.

Folglich können die oben genannten Unterschiede nicht die visuellen und klanglichen Übereinstimmungen der Zeichen aufwiegen, zumal bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von dem Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr die in Frage stehenden Kennzeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinnt.

Hinzu kommt, dass der Begriff der Verwechslungsgefahr denjenigen der Assoziationsgefahr beinhaltet, in dem Sinne, dass die angesprochenen Verkehrskreise, wenngleich sie die Zeichen nicht unmittelbar miteinander verwechseln mögen, davon ausgehen, dass die unter den einander gegenüberstehenden Zeichen angebotenen Waren von demselben oder miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte und insbesondere vor dem Hintergrund identischer Waren kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass beim Publikum trotz des erhöhten Aufmerksamkeitsgrads Verwechslungsgefahr besteht.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 30 2015 048 607 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.

Da das ältere Recht „IDACIO“ für sämtliche Waren, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Rechte, die die Widersprechende geltend macht (vgl. 16/09/2004, T-342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).

Da dem Widerspruch aufgrund von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV in vollem Umfang stattgegeben wurde, besteht keine Notwendigkeit zur Prüfung der übrigen Widerspruchsgründe, nämlich Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a und Artikel 8 Absatz 5 UMV.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind. Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende keinen zugelassenen Vertreter in Sinne von Artikel 93 UMV bestellt. Daher sind keine Vertretungskosten angefallen.

Die Widerspruchsabteilung

Peter QUAY

Sigrid DICKMANNS

Martin EBERL

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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