mail4business by Neopost | Decision 2550161 - Deutsche Post AG v. Neopost GmbH & Co. KG

WIDERSPRUCH Nr. B 2 550 161

Deutsche Post AG, Charles-de-Gaulle-Str. 20, 53113 Bonn, Deutschland, (Widersprechende), vertreten durch Jonas Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hohenstaufenring 62, 50674 Köln, Deutschland, (zugelassene Vertreter)

g e g e n

Neopost GmbH & Co. KG, Landsberger Straße 154, 80339 München, Deutschland, (Anmelderin), vertreten durch Weitnauer Rechtsanwälte, Französische Str. 13, 10117 Berlin, Deutschland, (zugelassene  Vertreter).

Am 13/04/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 550 161 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen allen Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 848 461 ein, nämlich gegen alle Waren in den Klassen 7, 16 und alle Dienstleistungen in den Klassen 35, 38, 39. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 30 012 966. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV und Artikel 8 Absatz 5 UMV.

I. BEMERKUNG ZUM BENUTZUNGSNACHWEIS

Gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 UMV (in der zum Zeitpunkt der Einreichung des Widerspruchs geltenden Fassung) hat die Widersprechende auf Verlangen der Anmelderin den Nachweis zu erbringen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angefochtenen Marke die ältere Marke in den Gebieten, in denen sie geschützt ist, in Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und auf die sie sich zur Begründung ihres Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Für die frühere Marke gilt eine Benutzungsverpflichtung, wenn sie zum betreffenden Datum mindestens fünf Jahre lang eingetragen war.

Gemäß dieser Bestimmung wird der Widerspruch bei Fehlen eines solchen Nachweises zurückgewiesen.

Die Anmelderin hat von der Widersprechenden den Benutzungsnachweis der deutschen Marke Nr. 30 012 966, auf der der Widerspruch beruht, verlangt.

Im vorliegenden Fall wurde die angefochtene Marke am 11/05/2015 veröffentlicht

Die ältere deutsche Marke wurde am 03/11/2003 eingetragen. Gegen die Eintragung dieser Marke wurde ein Widerspruchsverfahren eingeleitet, das am 17/10/2012 abgeschlossen wurde. Dabei ist anzumerken, dass gemäß § 25 MarkenG die Fünfjahresfrist mit der Eintragung der Marke beginnt. Unabhängig davon beginnt die Frist jedoch nicht vor Beendigung eines gegen die Eintragung geführten Widerspruchsverfahrens (§ 26 Abs. 5 MarkenG). Daher befand sich die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der angefochtenen Marke noch in der Benutzungsschonfrist.

Somit ist der Antrag auf Benutzungsnachweis eindeutig unzulässig.

II. VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren und Dienstleistungen

Der Widerspruch stützt sich auf die folgenden Dienstleistungen:

Klasse 35:        Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern von adressierten und unadressierten Werbesendungen.

Klasse 39:        Briefdienst-, Frachtdienst-, Expressdienst-, Paketdienst- und Kurierdienstleistungen; Beförderung und Zustellung von Gütern, Briefen, Paketen, Päckchen; Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten, insbesondere Briefen, Drucksachen, Warensendungen, Wurfsendungen, Büchersendungen, Blindensendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren und Dienstleistungen:

Klasse 7:        Maschinen zur mechanischen Bearbeitung von Postsendungen [für gewerbliche Zwecke].

Klasse 16:        Postkarten; Postkartenpapier; Datumstempel [Poststempel]; Postkarten und Ansichtskarten; Elektrische Geräte für Bürozwecke zum Stempeln von Post; Bürogeräte zum Adressieren von Post.

Klasse 35:        Empfang, Sortieren und Bearbeiten von Post; Werbung und Reklame per Fernsehen, Rundfunk, Post; Verbreitung von gedrucktem Verkaufsförderungs- und Werbematerial per Post; Verbreitung von Werbematerial mittels Postsendungen.

Klasse 38:        Elektronische Postdienste; Elektronische Post- und Nachrichtenübermittlung; Kommunikationsdienste mittels elektronischer Postsysteme; Post- und Nachrichtenübermittlung auf elektronischem Wege; Elektronische Postdienste für Daten und Sprache; Übermittlung von elektronischer Post [E-Mail-Datendienste]; Übermittlung von Post und Nachrichten auf elektronischem Wege; Elektronische Übermittlung von Post und Nachrichten.

Klasse 39:        Postversanddienste; Posttransportdienste; Postverteilungsdienste; Post- und Kurierdienste; Frankieren von Postsendungen; Zustellung von Korrespondenz per Post und/oder Kurier.

Einige der angefochtenen Waren und Dienstleistungen sind mit den Dienstleistungen identisch, auf denen der Widerspruch beruht. Aus Gründen der Verfahrensökonomie nimmt die Widerspruchsabteilung keinen vollständigen Vergleich der oben aufgeführten Waren und Dienstleistungen vor. Die Prüfung des Widerspruchs erfolgt, als ob alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen zu denjenigen der älteren Marke identisch sind.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren und Dienstleistungen sowohl an das breite Publikum als auch an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen. Der Aufmerksamkeitsgrad ist in Abhängigkeit von den jeweiligen Waren und Dienstleistungen durchschnittlich (z.B. bei den Post- und Kurierdienste, da es sich bei diesen um Dienste des täglichen Bedarfs handelt) bis erhöht (zumindest für Waren der Klasse 7, die einen hohen Preis haben können und deshalb mit besonderer Sorgfalt erworben werden).

  1. Die Zeichen

POST

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist Deutschland.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Zeichen wird eine Analyse, ob die übereinstimmenden Bestandteile beschreibend, anspielend oder anderweitig schwach sind, vorgenommen, um den Umfang zu bewerten, in dem diese übereinstimmenden Bestandteile eine geringere oder eine größere Fähigkeit haben, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Es kann schwieriger zu bestimmen sein, dass das Publikum bezüglich der Herkunft getäuscht werden könnte, wenn dies auf Ähnlichkeiten zurückzuführen ist, die allein nicht kennzeichnungskräftigen Elementen zuzuordnen sind.

Bei dem älteren Zeichen handelt es sich um die Einzelwortmarke „POST“. Da sie nur aus einem Element besteht, hat sie keinen Bestandteil, der eindeutig kennzeichnungskräftiger oder dominanter (stärker ins Auge fallend) als andere Bestandteile ist.

Bei dem angefochtenen Zeichen handelt es sich um eine Bildmarke, zusammengesetzt aus vier Worten, der Zahl „4“ und zwei kurvigen Linien, die einen durchbrochenen Kreis um die Zahl „4“ darstellen. Die Wörter „mail“ und „business“ sind in Kleinbuchstaben und in schwarzer Farbe abgebildet, während die restlichen Elemente im hellen Grün gehalten sind. Die Wörter „BY NEOPOST“ sind in Großbuchstaben wiedergegeben und unter der Nummer 4 und dem Wort „business“ platziert, wobei sie in einer wesentlich kleineren Schrift dargestellt sind.

Es ist zu berücksichtigen, dass das in beiden Zeichen enthaltene Wort „POST“ unter anderem folgende Bedeutungen hat: „1. als ®: Dienstleistungsunternehmen zur Beförderung von Briefen, Paketen, Geldsendungen u.a.; 2. Postfiliale; 3. Etwas, was von der Post zugestellt worden ist oder von der Post befördert werden soll; 4. (umgangssprachlich) Zustellung von Post (siehe Duden Online, Deutsches Universalwörterbuch, abgerufen am 14/03/2017, http://www.duden.de/suchen/dudenonline/post). Das in beiden Zeichen enthaltene Wort „POST“ ist also zum einen eine registrierte Marke, die ein Dienstleistungsunternehmen zur Beförderung von Briefen, Paketen, Geldsendungen bezeichnet. Zum anderen ist „POST“ ein Begriff der deutschen Sprache mit den Bedeutungen Postfiliale, Postzustellung. Angesichts der Tatsache, dass die hier relevanten Dienstleistungen Postbeförderung und -zustellung sowie damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen in den Klassen 35, 38 und 39 und spezielle Waren aus dem Postbereich in Klassen 7 und 16 betreffen, hat dieses Wort eine sehr begrenzte Kennzeichnungskraft.

Dies wird durch den Bundesgerichtshof in Beschluss vom 23/10/2008, I ZB 48/07, Post II, § 35-36, wie folgt bestätigt:

„[35] Denn auch wenn sich ‘POST’ als Herkunftshinweis für die Erbringung von Postdienstleistungen durchgesetzt haben sollte, steht der beschreibende Charakter des Begriffs ‘Post’ für den Gegenstand der Dienstleistung außer Zweifel. [36] Der Schutzumfang der Wortmarke „POST’ ist daher wegen der beschreibenden Funktion der Angabe durch die Schutzschranke des §23 Nr. 2 MarkenG eng bemessen. Wettbewerbern der Markeninhaberin ist die auch kennzeichenmäßige Verwendung nicht verboten, die in einer den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entsprechenden Weise erfolgt. Dies ist der Fall, wenn die Wettbewerber die von ihnen benutzten Kennzeichen durch Zusätze von dem in Alleinstellung benutzten Markenwort ‚POST‘ abgrenzen und nicht durch eine Anlehnung an weitere Kennzeichen der Markeninhaberin die Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG erhöhen.“

Das Element „mail“ des angefochtenen Zeichens ist eine Kurzform für E-Mail (http://www.duden.de/rechtschreibung/Mail). Das englische Wort „business“ hat Eingang in die deutsche Sprache gefunden und wird mit der Bedeutung „Geschäft“ verstanden (http://www.duden.de/rechtschreibung/Business). Die Ersetzung von „for“ durch die Zahl „4“ ist eine im Englischen vor allem in der Werbesprache verbreitete Praxis, die der Mehrheit  der deutschen Verbraucher bekannt und geläufig ist.

Bei den Bestandteilen „4“ (als „for“/„für“ wahrgenommen) und „business“ handelt es sich um Begriffe des englischen Grundwortschatzes, deren Bedeutung den deutschen Verbrauchern geläufig ist und die teilweise sogar in den Duden aufgenommen wurden. Das Wort „mail“ gehört auch zum englischen Grundwortschatz, jedoch nicht alle seine Bedeutungen werden ohne weiteres und genau wahrgenommen. Die Widerspruchsabteilung ist der Meinung, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass dieses Wort als Post von einem kleinen Teil des maßgeblichen Publikums wahrgenommen wird, jedoch wird die Mehrheit es mit dem Wort „E-Mail“ assoziieren. Dies wird durch den Duden bestätigt, der als Synonyme für das Wort „Mail“ im EDV-Bereich Folgendes listet: E-Brief, E-Mail, E-Post, elektronische Post, elektronischer Brief (siehe http://www.duden.de/rechtschreibung/Mail). Folglich werden die Bestandteile „mail 4 business“ als „geschäftliches E-Mail“, „elektronische Geschäftspost“ wahrgenommen. Diese Wortfolge stellen eine allgemeine beschreibende Angabe dar und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die angefochtenen Waren und Dienstleistungen elektronische Post, Postbearbeitung -beförderung und -zustellung sowie damit im Zusammenhang stehende Dienstleistungen betreffen, hat sie eine sehr begrenzte Kennzeichnungskraft.

Das aus dem Griechischen stammende Präfix „NEO-“ bedeutet „neu / jung“ und wird in der deutschen Sprache in erster Linie in Kombination mit Ideologien oder Kunstformen etc. verwendet, die eine Wiederbelebung erfahren haben oder an Früheres anknüpfen, wie Neoklassizismus oder Neobarock (siehe Duden Online, Deutsches Universalwörterbuch, abgerufen am 31/03/2017, http://www.duden.de/rechtschreibung/neo_). Jedoch, es spricht nichts dagegen, dass der Präfix „NEO-“ auch in Kombination mit anderen Wörtern als „neu/jung“ verstanden wird. Daher und unter Berücksichtigung der Überlegungen, dass der Durchschnittsverbraucher oft ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegt, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind, wird der Begriff „NEOPOST“, zumindest von einem Teil des Publikums, als „neue Post“ verstanden, wobei der beschreibende Charakter des Wortes „POST“ in dieser Zusammensetzung und für die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen außer Zweifel steht. Allerdings, wenn man die Konstellation der angefochtenen Marke in den Betracht zieht, es ist sehr wahrscheinlich, dass der Großteil des Publikums der Bestandteil „NEOPOST“ nicht trennen wird und als ein Wort wahrnehmen wird. In dem Falle und zusammen mit der Präposition „by“, die zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehört und deswegen ohne weiteres als „durch“ verstanden wird, wird die Wortkombination „BY NEOPOST“ eher als Bezeichnung eines Unternehmens aufgefasst. Somit und unter Berücksichtigung der Bedeutung und der Kennzeichnungskraft der restlichen Wortelemente („mail4business“) und der Tatsache, dass der Verbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt, ist die Widerspruchsabteilung der Meinung, dass das angefochten Zeichen als „elektronische Geschäftspost und damit verbundene Dienstleistungen, die von einem Unternehmen mit der Bezeichnung NEOPOST erbracht werden“, verstanden wird.

Die Elemente „mail 4 business“ sowie auch das Bildelement – der durchbrochene Kreis - sind die dominanten Elementen des angefochtenen Zeichens, da sie aufgrund ihrer Größe und Position am stärksten ins Auge fallen und die restlichen zwei Wortelemente „BY NEOPOST“ überschatten.

Es ist anzumerken, dass die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken sich nicht darauf beschränken darf, dass nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die betreffenden Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (13/05/2014, T-102/04, TPG POST / DP et al., EU:T:2015:279, § 36 und die dort angeführte Rechtsprechung). 

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter oder mehrere bestimmte Bestandteile einer zusammengesetzten Marke prägend sind, sind insbesondere die Eigenschaften jedes einzelnen dieser Bestandteile in der Weise zu berücksichtigen, dass sie mit den Eigenschaften der anderen Bestandteile verglichen werden. Weiterhin kann auch auf die jeweilige Rolle der einzelnen Bestandteile bei der Gesamtgestaltung der zusammengesetzten Marke abgestellt werden (13/05/2014, T-102/04, TPG POST / DP et al., EU:T:2015:279, § 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Schriftbildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf das Wort „POST“ überein. Die Zeichen unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die zusätzlichen dominanten Bestandteile „mail 4 business“ des angefochtenen Zeichens, sowie in dem weiterem Bestandteil „by“ und in der farblichen und graphischen Ausgestaltung. Das Wort „mail“ und die Nummer 4 stehen am Anfang des Zeichens.

Aufgrund ihrer Größe und Position werden die Bestandteile „mail 4 business“ als erstes vom Betrachter wahrgenommen. Im Gegensatz dazu treten die Bestandteile „BY NEOPOST“ aufgrund ihrer wesentlich kleineren Schriftgröße in den Hintergrund, so dass sie im Gesamteindruck leicht vernachlässigt werden können.

Es wird darauf hingewiesen, dass der Bestandteil einer zusammengesetzten Marke anders wahrgenommen werden kann, als wenn es alleinstehend oder in einem anderen Zusammenhang verwendet wird. Das gilt umso mehr in dem vorliegenden Fall, da der Bestandteil „POST“ des angefochtenen Zeichens zusammen mit den Präfix „NEO“ ein Wort bildet.

Daher sind die Zeichen visuell nur sehr gering ähnlich.

Phonetisch stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang des Wortes „POST“ überein. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang der restlichen Wortelemente des angefochtenen Zeichens, „mail for business“, „by“ und „neo„ für die es in der älteren Marke keine Entsprechung gibt. Die Marken haben eine unterschiedliche Silbenzahl (eine bzw. neun), einen anderen Sprechrhythmus und eine andere Intonation. Außerdem ist der gemeinsame Bestandteil „POST“, falls es wahrgenommen wird, beschreibend bzw. kennzeichnungsschwach.

Daher sind die Zeichen phonetisch nur sehr gering ähnlich.

Begrifflich stimmen die zu vergleichenden Zeichen im Wort „POST“ überein. Jedoch wird die Bedeutung dieses Wortes in diesen Zeichen nicht gleich wahrgenommen. Die Widerspruchsabteilung ist der Meinung, dass die ältere Marke „POST“ als eine Bezugnahme auf die Widersprechende als den historischen Betreiber von Postdienstleistungen in Deutschland gesehen wird (Zitat aus dem Duden: 1. als ®: Dienstleistungsunternehmen zur Beförderung von Briefen, Paketen, Geldsendungen u.a.), während die angefochtene Marke als Geschäftsmail eventuell Geschäftspost, die vom Unternehmen NEOPOST geliefert bzw. gebracht wird, aufgefasst wird. Eventuell wird dieser Begriff von einem Teil des maßgeblichen Publikums als „neue Post“ wahrgenommen. Dennoch, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem Wortelement „POST“ kaum eine Kennzeichnungskraft zukommt, werden die Verbraucher diesem Element in der angefochtenen Marke nur wenig Aufmerksamkeit schenken. Außerdem ist anzumerken, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt.

Die Zeichen sind daher begrifflich nur geringfügig ähnlich.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Laut der Widersprechenden besitzt die ältere Marke für alle Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, einen sehr hohen Kennzeichnungsgrad aufgrund der langen und intensiven Benutzung in Deutschland. Diese Behauptung ist sorgfältig zu prüfen, da die Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Beurteilung einer Verwechslungsgefahr berücksichtigt wird. So ist die Verwechslungsgefahr umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt. Somit genießen Marken mit hoher Kennzeichnungskraft aufgrund ihrer Bekanntheit auf dem Markt einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 18).

Am 17/02/2016 reichte die Widersprechende die folgenden Beweismittel ein:

  1. Auszug aus der Internetseite www.duden.de, aus der hervorgeht, dass „POST“ u.a. eine eingetragene Marke der Widersprechenden ist.
  2. Screenshots vom 29/01/2016, aus der Rubrik „Über uns“ aus der Internetseite www.deutschepost.de, mit dem Slogan „Die Post für Deutschland“.
  3. Ausdrucke vom 02/02/2016 aus der Online-Enzyklopädie Wikipedia, sowie von der Internetseite www.dpdhl.com, auf denen die Geschichte der Widersprechenden dargestellt ist.
  4. 12 undatierte Fotos als Beispiele für die Benutzung des Wortes „POST“ an Ämtern bzw. Filialen und in Geschäftsstellen der Widersprechenden, sowie auf Hinweisschildern.
  5. History-Auszug der DENIC e.G. vom 18/11/2009 sowie Archivauszüge aus der Webseite www.archiv.org von Inhalten der Webseiten www.post.de vom 17/11/2009. Daraus ergibt sich, dass die Domain „post.de“ seit 24/10/1994 existiert und mit der Überschrift „Deutsche Post l Homepage“ tituliert ist.
  6. History-Auszug der DENIC e.G. vom 08/11/2009 für die Domain www.deutschepost.de. Daraus ergibt sich, dass die Domain „deutschepost.de“ seit 20/06/1997 existiert.
  7. Eidesstattliche Erklärung des Leiters für Internet-Strategie der Widersprechenden, die erklärt, dass die Widersprechende die Marke „Deutsche Post“ in Deutschland insbesondere auch zur Kennzeichnung von mobilen Telekommunikations-Dienstleistungen verwendet. Die Marke „POST“ (ohne Zusatz des Wortes „Deutsche“) wird nicht erwähnt.
  8. undatierte Screenshots von der Internetseite www.epost.de. Sie enthält u.a. die Sätze „Ihre tägliche Post online empfangen“, „Briefe online versenden und per Post in ganz Deutschland zustellen“ sowie Hinweise auf „E-POST“.
  9. Werbeblatt von September 2014 „Mehr Mobilität mit car2go“ mit dem Hinweis „Post® ist eine eingetragene Marke der Deutschen Post“.
  10. Auflistung der Marken der Widersprechenden mit dem Wortstamm „POST“ aus der Datenbank Cedelex, datiert vom 11/02/2016.
  11. Benutzungsnachweise zu Marken der Widersprechenden:

a)        Ausdrucke aus Webseiten der Widersprechenden von 2010, 2011 und 2014 über die „POSTCARD GOGREEN“, „INFOPOST“, „POST24/7“, „Postfach – Briefe abholen wann Sie wollen“, „meine KINOPOST“, „POSTVERTRIEBSSTÜCK“, „POSTPAY“, „POSTADRESS“, „Postpoint“, „Postwurfspezial“, „EPOSTSAFE“, „EPOSTBUSINESS“.

b)        Wikipedia-Auszug vom 13/01/2011 zum „E-Postbrief“.

  1. undatierte Kopien von Werbefaltblättern, mit denen Verbraucher über den „E-Postbrief“ informiert wurden. Auf der Titelseite ist der Slogan „Die Post im Internet“ angegeben.
  2. Kopien von undatierten Werbeflyern über den „EPOSTBRIEF“.
  3. Kopien von Anzeigen aus den Zeitschriften „Focus“ vom 23/08/2010, „Focus Money“ vom 22/09/2010 sowie „Hörzu“ vom 24/09/2010 über den „EPOSTBRIEF“. Unter der Angabe „Deutsche Post“ steht der Slogan „Die Post für Deutschland“.
  4. Kopie eines Artikels auf der Internetseite www.slogans.de vom 14/07/2010 mit dem Titel „Deutsche Post startet E-Postbrief“ und dem Slogan „Die Post im Internet. Die Post für Deutschland“.
  5. Kopie eines Artikels von www.horizon.net vom 14/07/2010 mit dem Titel „Deutsche Post startet Mega-Kampagne für den E-Postbrief“.
  6. Kopie der Internetseite www.stock-world.de vom 03/11/2010 über den „E-Postbrief“.
  7. Auszug aus der Internet Seite www.marktforschung.de vom 02/02/2016, die eine Nachricht vom 14/11/2011 zu der Bekanntheit der Marke „E-POSTBRIEF“ im April 2011 und im September 2011 darstellt.
  8. Präsentation über die Werbekampagnen 2010 bis 2013 mit Werbekampagne für „E-POST“ und „E-POSTBRIEF“ in 2010, in denen auf jeder Seite das Zeichen  und der Hinweis auf die Deutsche Post erscheinen.
  9. Kopie der Werbung in „HORIZON MAGAZIN“ 1/2012, in der mit dem Slogan „Die beste Post aller Zeiten“ und „Die Post für Deutschland“ zusammen mit dem Zeichen  geworben wird.
  10. Geschäftsbericht der Deutschen Post DHL aus 2014 mit einer 8-Jahres-Übersicht von 2007-2014. Die erste Zeile unter der Überschrift „Umsatz“ sowie auch die erste Zeile unter der Überschrift „Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit“ (auf Seite 222) enthalten die relevanten Daten in Bezug auf „Post – eCommerce – Parcel (bis 2013 Brief)“.
  11. „Zwölfte Marktuntersuchung für den Bereich der lizenzpflichtigen Postdienstleistungen“ der Bundesnetzagentur mit Datum von 2009, welche die Marktanteile der DPAG mit Lizenznehmern vergleicht. „Lizenzpflichtige Briefdienstleistungen – Marktdaten 2008-2011“ mit Datum von 2013, welche die Marktanteile der Deutschen Post-Gruppe mit Wettbewerbern vergleicht. Eine Marke „POST“ wird nicht erwähnt.
  12. Studie „Wachstumsorientierte Postpolitik“, die von der WIK Consult im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie erstellt wurde. Eine Marke „POST“ wird nicht erwähnt.
  13. Kopien dreier Verkehrsumfragen:
  1. Zur Verkehrsgeltung von „Post“, vom Mai 2000, erstellt durch das Marktforschungsinstitut Ipsos. Danach weist das Wort „Post“ für 77,6% der Verkehrskreise auf ein bestimmtes Unternehmen hin; 70,6% benennen „Deutsche Post (AG)“, „Post (AG)“, „Bundespost“, „Gelbe Post (AG)“, „Post-Express“.
  2. Bekanntheit, Verkehrsdurchsetzung und namentliche Zuordnung der Bezeichnung „Post“, vom November/Dezember 2002, erstellt durch NFO Infratest. Danach ist die Bezeichnung „POST“ für 84,6% der Befragten ein Hinweis auf ein ganz bestimmtes Unternehmen.
  3. „POST Verkehrsdurchsetzung dieser Bezeichnung im Zusammenhang mit der Beförderung von Briefen und Paketen“, durchgeführt von tns infratest im September/Oktober 2005. Danach weist das Wort „Post“ für 83,9% auf ein ganz bestimmtes Unternehmen hin. Der Zuordnungsgrad laut dieses Gutachtens ist 79,6%.
  1. Kopie eines Gutachtens der Pflüger Rechtsforschung GmbH von Oktober/November 2015 zu „Post - Kennzeichnungskraft dieser Bezeichnung im Zusammenhang mit der Beförderung von Briefen und Paketen“. Danach ordnen 68,2% diesen Begriff der Deutschen Post (AG) zu.
  2. Ranking „Berühmte deutsche Marken in EURO & CENT“ der Semion Brand Broker GmbH von 2005 bis 2014. Die Marke „Dt. Post“ wird unter den ersten zehn aufgeführt.
  3. Ranking der besten deutschen Marken (Best German Brands) von Interbrand in 2014 und 2015. Die Marke „DEUTSCHE POST“ wird unter den ersten fünfunddreißig aufgeführt.
  4. Kopie des Beschlusses 26 W (pat) 27/06 des BPatG vom 28/10/2010, in dem der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, die Marke „POST“ zu löschen, aufgehoben wird und der Löschungsantrag zurückgewiesen wird.

Um den Grad der Kennzeichnungskraft bzw. der Bekanntheitsgrad der Marken zu bestimmen, sind insbesondere die Eigenschaften zu berücksichtigen, die die Marke von Haus aus besitzt, einschließlich des Umstands, ob sie beschreibende Elemente in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, aufweist, des von der Marke gehaltenen Marktanteils, der Intensität, der geografischen Verbreitung und der Dauer der Benutzung dieser Marke, des Werbeaufwands des Unternehmens für die Marke, des Teils der beteiligten Verkehrskreise, der die Waren und Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie der Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder von anderen Berufsverbänden (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik EU:C:1999:323, § 23).

Die Widersprechende reichte die oben gelisteten Unterlagen als Nachweis für die Bekanntheit der älteren Marke ein. Sie betreffen das relevante Gebiet, nämlich Deutschland. Ein Großteil ist auch vor dem Anmeldedatum der angefochten Unionsmarke datiert, nämlich dem 18/03/2015, oder bezieht sich auf diesen Zeitraum. Ein Teil der eingereichten Unterlagen ist undatiert, so dass nicht ersichtlich ist, ob die in diesen Unterlagen enthaltene Marken tatsächlich vor Einreichung der angefochtenen Unionsmarke benutzt wurden (Anlagen 4/, 8/, 12/ und 13/).

Ein Großteil der eingereichten Unterlagen zeigen den Wortbestandteil „POST“ nicht in Alleinstellung, sondern in Zusammenstellung mit anderen Bestandteilen, so z. B. E-POST, E-POSTBRIEF (Anlagen 8/, 11/ a) und b); gemeinsam mit der Farbe Gelb, dem Unternehmenskennzeichen „Deutsche Post AG“ sowie teilweise zusammen mit dem weiteren, glatt beschreibenden Begriff „Deutsche“ und/oder dem stilisierten Posthorn (z. B. Anlagen 2/, 3/, 8/, 11/ a) und b), 14/, 16/, 17/, 18/, 19/, 26/ und 27/). Deshalb ermöglichen sie nicht den Schluss auf eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der allein aus dem Wort „POST“ bestehenden älteren Marke. Falls das Wort „POST“ doch ohne andere Bestandteile erscheint, wird es fast immer in beschreibender Form und nicht als Marke verwendet (z. B. „Die Post für Deutschland“ in Anlage 2/, „Ihre tägliche Post online empfangen“, „Briefe online versenden und per Post in ganz Deutschland zustellen“ in Anlage 8/). In einigen Unterlagen wird die ältere Marke „POST“ überhaupt nicht erwähnt (Anlagen 22/, 23/).

Was die Auszüge aus der Internetdatenbank Wikipedia (Anlage 3/) angeht, so kommt ihnen nur ein sehr geringer Beweiswert zu, denn diese Datenbank ist jedermann für Änderungen und Ergänzungen zugänglich. Auf jeden Fall, beziehen sich diese Auszüge auf die Geschichte der Widersprechenden (Deutsche Post AG) und enthalten keine Information zu der älteren Marke „POST“ in Alleinstellung.  

Die Widersprechende beruft sich auf die verbreitete „Bekanntheit“ der Domainnamen post.de und deutschepost.de (5/, 6/ und 8/).

Ein Domainname wirkt als Adressangabe im Internet, ist also notwendig, um eine bestimmte Website aufrufen zu können. Ein Domainname hat eine andere Funktion und Natur als eine Marke: ersterer dient eher als Adressangabe im Internet während letztere eine Ware oder eine Dienstleistung ihrer Unternehmensherkunft entsprechend kennzeichnet. Daher liegt es nicht auf der Hand, dass der Schutzbereich eines Domainnamens sämtliche auf der zugehörigen Website abgebildeten Waren oder Dienstleistungen erfasst.  

Der behauptete Werbeaufwand betrifft ebenfalls nicht den Wortbestandteil „POST“ in Alleinstellung. Es wird zumindest nicht hinreichend differenziert zwischen den einzelnen Marken der Widersprechenden in den vorgelegten Unterlagen.

Das Gleiche gilt in Bezug auf die Umsatzzahlen (Anlage 21/), die die Widersprechende für die Jahre 2007 bis 2014 eingereicht hat. Eine Einzelauswertung der Umsatzzahlen nur in Bezug auf die ältere Marke „POST“ wurde nicht vorgelegt.

Der durch die zwei Marktuntersuchungen (Anlage 22/) belegte Marktanteil der Widersprechenden im Bereich der lizenzpflichtigen Postdienstleistungen (Briefsendungen) für die Jahre 1999-2008 und 2008-2011 bezieht sich auf die „DPAG“ bzw. „Deutsche Post-Gruppe“, während jeglicher Hinweis auf die Marke „POST“ in Alleinstellung fehlt.

Das für die Jahre 2005 bis 2015 nachgewiesene hohe Ranking (in der Liste berühmter deutscher Marken, Anlagen 26/ und 27/) bezieht sich auf die Marke „Deutsche Post“ bzw. „Dt. Post“.

Insoweit es um die Verkehrsumfragen für die Jahre 2000, 2002 und 2005 geht (Anlagen 24 a), b) und c), die den hohen Bekanntheits-, Durchsetzungs- und Zuordnungsgrad der Marke „POST“ nachweisen, so wird festgestellt, dass diese einen vergangenen Zeitraum betreffen. Da das Briefmonopol bis 2005 bzw. 2007 gesetzlich verankert war und die Liberalisierung des Postmarktes zu dem Zeitpunkt dieser Verkehrsumfragen kaum begonnen hatte und die Beförderung und Zustellung von Briefen und Paketen für eine sehr lange Zeit Dienstleistung eines einzigen Unternehmens (der Widersprechenden) gewesen war, wurde die Bereitstellung dieser Dienste zwangsläufig diesem Unternehmen zugerechnet.

Den Verbrauchern ist bekannt, dass seitdem der Postmarkt generell privatisiert bzw. „dereguliert“ worden ist und dass inzwischen neben der Widersprechenden, die früher das Postmonopol in Deutschland innehatte, weitere Unternehmen existieren, die sich im Markt etabliert haben und konkurrierend Postdienstleistungen anbieten. Das wird auch durch die Zahlen in dem Gutachten „Post - Kennzeichnungskraft dieser Bezeichnung im Zusammenhang mit der Beförderung von Briefen und Paketen“ der Pflüger Rechtsforschung GmbH von Oktober/November 2015 bestätigt (Anlage 25/), wonach 68,2% der Befragten den Begriff „Post“ der Deutschen Post (AG) zuordnen. Es ist ein deutlicher Rückgang des Prozentsatzes im Vergleich zu den Zahlen in den Verkehrsumfragen von 2005 (79,6%) und bestätigt nur, dass das Wort „Post“ nicht mehr ausschließlich mit einem einzigen Unternehmen in Verbindung gebracht wird.

Wie dem auch sei, selbst wenn hier für die ältere Marke einen Zuordnungsgrad von über 68 % im Oktober/November 2015 der angefochtenen Marke zugrunde gelegt wird, führt dieser nicht notwendigerweise zu einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft oder gar Bekanntheit der glatt beschreibenden und nur aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Widerspruchsmarke. Die Verkehrsumfragen, die vor den deutschen Instanzen vorgelegt wurden, haben dazu geführt, dass die glatt beschreibende ältere Marke genügend Kennzeichnungskraft erlangt hat, um die absoluten Eintragungshindernisse zu überwinden und als Marke aufgrund durch Benutzung erlangter Unterscheidungskraft eingetragen zu werden. Wie allerdings auch der Bundesgerichtshof selbst im Beschluss vom 23/10/2008, I ZB 48/07, Post II, §§ 35-36 klargestellt hat (siehe oben), ist der Schutzumfang der Wortmarke „POST“ aufgrund seines per se beschreibenden Charakters äußerst eng bemessen.

Um bei der glatt beschreibenden und nur aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Widerspruchsmarke von erhöhter Kennzeichnungskraft oder gar Bekanntheit ausgehen zu können, bedarf es der Feststellung zusätzlicher besonderer Umstände wie des Nachweises eines nahezu einhelligen Zuordnungsgrades. Solche zusätzlichen besonderen Umstände sind von der Widersprechenden weder vorgetragen noch nachgewiesen worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Die Tatsache bleibt, dass das Wort „POST“ in der deutschen Sprache einerseits die Einrichtung bezeichnet, die Briefe, Pakete, Päckchen und andere Waren befördert und zustellt, und andererseits die beförderten und zugestellten Güter selbst, z. B. Briefe, Karten, Pakete und Päckchen. In der letztgenannten Bedeutung beschreibt „POST“ den Gegenstand, auf den sich die Dienstleistungen beziehen, für die die ältere Marke eingetragen ist. Der Begriff ist deshalb eine Angabe über ein Merkmal der in Rede stehenden Dienstleistungen. Jemand, der auf die „Post“ in Deutschland wartet, würde also nicht auf ein bestimmtes Unternehmen warten, sondern auf die Zustellung einer Sendung (z.B. eines Briefs).

Das deutsche Wort „(die) Post“ wurde dem italienischen Wort posta entlehnt, das zunächst „festgelegter Ort“ bedeutete und vom Lateinischen posita „bestimmt, festgelegt“ kommt. Das Wort verallgemeinerte seine Bedeutung in der deutschen Sprache im 15.-16. Jahrhundert zu „Postamt“ sowie „durch die Post versandte Gegenstände“. Die ältere Marke „POST“ wurde in Deutschland im Jahr 2003 registriert.

Die Widerspruchsmarke „POST“ wäre daher grundsätzlich als beschreibende Angabe des Gegenstandes der in Rede stehenden Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gar nicht eintragungsfähig, verfügte aber aufgrund ihrer Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG über eine hinreichende Kennzeichnungskraft, um als eine Marke eingetragen zu werden. Siehe hierzu auch den Registerauszug, der von der Widersprechenden zur Substantiierung vorgelegt wurde. Dies wurde in mehreren Beschlüssen des Bundespatentgerichts bestätigt, wie auch in dem von der Widersprechenden eingereichtem Beschluss 26 W(pat) 27/06.  

Die Widerspruchsabteilung stellt die Gültigkeit der Eintragung der älteren Marke nicht in Frage. Die Feststellung der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Marke wäre tatsächlich nicht mit der Koexistenz von Unionsmarken und den nationalen Marken oder mit Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a Ziff. ii UMV vereinbar (24/05/2012, C-196/11 P, F1-Live, EU:C:2012:314, §§ 41-45). Jedoch ist der Umstand, dass die ältere Marke „POST“ die Mindestvoraussetzungen für eine nationale Markeneintragung erfüllt hat, für sich allein noch nicht ausreichend für die Feststellung, dass das Element „Post“ für die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft oder gar Bekanntheit erlangt hat.

Die Widersprechende argumentiert, dass der Erwerb von Unterscheidungskraft einer Marke sich auch aus ihrer Benutzung als Teil einer anderen eingetragenen Marke ergeben kann. Die Widerspruchsabteilung stimmt ihr darin zu, dass dies durchaus der Fall sein kann. Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles (mehrere Bedeutungen des Wortes „Post“ im Duden (Anlage 1/), Rückgang der Bekanntheit der Marke „Deutsche Post“ in den Markenrankings (Anlagen 26/ und 27/), Rückgang des Publikums, das das Wort „Post“ im Zusammenhang mit der Beförderung von Briefen und Paketen der Widersprechenden bzw. ihrer Vorgängerin zuordnet (Anlagen 24/ b), 25/) ist dies jedoch nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Dies wird auch durch den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 23/10/2008 bestätigt, der klarstellt, dass der Schutzumfang der Marke „Post“ äußerst begrenzt ist und sich nur auf das Wort „POST“ bezieht, allenfalls jedenfalls auf das Wort „POST“ mit weiteren, von der Widersprechenden verwendeten Kennzeichnungsmerkmalen.

Die Widersprechende argumentiert weiterhin, dass die Bezeichnung „Post“ gemeinsam mit dem ®-Symbol in Wörterbüchern, z.B. dem Duden, wiedergegeben ist, um darauf hinzuweisen, dass es sich bei „POST“ um eine eingetragene Marke der Widersprechende handelt. Die Widerspruchsabteilung stellt dies nicht in Frage. Sie erinnert jedoch daran, dass die Benutzung eines Zeichens mit dem ®-Symbol oft auch als Maßnahme gegen die gattungsmäßige Verwendung einer Marke in Nachschlagewerken gedacht ist. Die Benutzung dieses Symbols erhöht weder die Kennzeichnungskraft einer Marke noch trägt sie zu ihrer Bekanntheit bei. Außerdem hat dieses Wort, wie vorgehend ausgeführt, mehrere Bedeutungen (allein der Duden listet vier), von welchen sich nur eine auf ein bestimmtes Unternehmen bezieht.

Unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles, muss festgestellt werden, dass die eingereichten Beweismittel nicht ausreichen, um nachzuweisen, dass der Begriff "Post" (ohne Zusatzelemente) ausschließlich der Widersprechenden zugeordnet wird und somit eine erhöhte Kennzeichnungskraft bzw. Bekanntheit in Deutschland genießt.

Wie vorgehend erläutert wurde, weist die Verkehrsumfrage vom 2015 auf die Senkung des Bekanntheits-, Durchsetzungs- und Zuordnungsgrades der Wortmarke „POST“ hin. Die restlichen Unterlagen zeigen das Wort „POST“ entweder in Zusammenstellung mit anderen Bestandteilen oder in beschreibender Form.

Somit sind die eingereichten Beweismittel nicht geeignet, einen über das bereits für die Verkehrsdurchsetzung erforderliche Maß hinaus erhöhten Schutzumfang des Wortes „POST“ zu belegen.

In Anbetracht der vorgehenden Erwägungen und den Angaben im obigen Abschnitt c) dieser Entscheidung ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke für alle gegenständlichen Dienstleistungen als äußerst gering anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr entsprechend der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch das maßgebliche Publikum umfassend und unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (09/07/2003, T-162/01, Giorgio Beverly Hills, EU:T:2003:199, §§ 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der visuellen, klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Der Durchschnittsverbraucher nimmt generell eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (12/06/2007, C-334/05 P, Limoncello, EU:C:2007:333, § 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen wurden als identisch angesehen.  

Wie vorgehend festgestellt, ist die Kennzeichnungskraft des Wortes „Post“, das den einander gegenüberstehenden Zeichen gemein ist, sehr gering. In Deutschland wird dieser Bestandteil von einem Teil den Verbrauchern gedanklich mit der Widersprechenden in Verbindung gebracht und eben aufgrund dieser erlangten Unterscheidungskraft wurde dieses Wort als nationale Wortmarke eingetragen.

Jedoch ist die Kennzeichnungskraft des Wortes „Post“ innerhalb einer dem Verbrauchern unbekannten, aus mehreren Wortbestandteilen bestehenden Marke vielmehr als unterdurchschnittlich zu bewerten, weil der Verkehr diesen Begriff nur  als Hinweis auf die Erbringung von Postdienstleistungen durch (irgend)ein Unternehmen verstehen wird oder als Hinweis auf die zugestellten Briefe, Pakete, Geldsendungen oder sonstigen Sachen.

Der Bestandteil „Post“ in dem Begriff „NEOPOST“ in der angefochtenen Marke wird somit nicht als Hinweis auf die Widersprechende, sondern als Hinweis auf Postdienstleistungen eines anderen Unternehmens oder auf den Gegenstand dieser Beförderungsleistungen verstanden oder sogar lediglich als Unternehmensname wahrgenommen und in dem Fall werden die relevanten Verbraucher keine gedankliche Verbindung zu der (sowieso kennzeichnungsschwachen) älteren Marke ziehen.

Darüber hinaus ist die Widerspruchsabteilung der Meinung, dass die Verbraucher keinen Anlass haben, das angefochtene Zeichen zergliedernd zu betrachten und sich allein an dem Bestandteil „Post“ zu orientieren. Im vorliegenden Fall ist dieses Wort nur der zweite Bestandteil des Gesamtausdruckes „NEOPOST“ und wird daher nicht alleine gesehen. Die Verbraucher neigen im Generellen dazu, eine Marke als Ganzes wahrzunehmen.

Die Wort- und Bildelemente des angefochtenes Zeichens „mail4business“ und der unterbrochene Kreis können für den Gesamteindruck nicht vernachlässig werden. Im Gegenteil: aufgrund ihrer Größe und Position werden sie als erstes den Blick auf sich lenken.

Folglich ist festzustellen, dass das maßgebliche Publikum in Deutschland, welches inzwischen an die Existenz verschiedener Wirtschaftsteilnehmer gewöhnt ist, die Postdienstleistungen erbringen und die das Element „Post“ zur Bezeichnung ihrer Unternehmen verwenden, die angefochtene Marke entweder als eine Bezugnahme auf einen vom Unternehmen NEOPOST erbrachten Postdienst oder als eine beschreibende Angabe mit der Bedeutung „neue Post“ wahrnehmen.

Angesichts der vorgehenden Erwägungen ist die Widerspruchsabteilung der Meinung, dass die festgestellten phonetischen, visuellen und konzeptuellen Ähnlichkeiten so gering sind, dass selbst für die identischen Waren und Dienstleistungen nicht davon auszugehen ist, dass das relevante Publikum glauben könnte, sie stammten aus demselben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.

Des Weiteren ist das Argument der Widersprechenden zu prüfen, dass die älteren Marken, in denen ausnahmslos derselbe Wortbestandteil „POST“ vorkommt, eine „Markenfamilie“ oder „Serienmarken“ darstellen. Ein solcher Umstand könnte geeignet sein, eine objektive Verwechslungsgefahr hervorzurufen, da der Verbraucher, wenn er sich der angefochtenen Marke, die den gleichen Wortbestandteil wie die älteren Marken enthalte, gegenübergestellt sehe, zu dem Glauben verleitet werde, dass die durch diese Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen ebenfalls von der Widersprechenden stammten.

Der Begriff der Markenfamilie ist in einem Urteil des Gerichts vom 23/02/2006, T-194/03, „BAINBRIDGE“ erschöpfend analysiert worden.

Der damit beschriebene Sachverhalt liegt vor, wenn sich der Widerspruch auf mehrere ältere Marken stützt, die aufgrund bestimmter Merkmale einer einzigen „Serie“ oder „Familie“ zugeordnet werden können. Unter diesen Umständen kann eine gedankliche Verbindung zwischen der angemeldeten Marke und den älteren Marken, die der Serie angehören, eine Verwechslungsgefahr bedingen. Doch kann diese Gefahr der gedanklichen Verbindung nur dann geltend gemacht werden, wenn zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind.

Die angemeldete Marke muss nicht nur denen der Serie ähnlich sein, sondern auch Merkmale aufweisen, die geeignet sind, sie mit der Serie in Verbindung zu bringen.

Erstens muss die Inhaberin einer Serie älterer Eintragungen einen Benutzungsnachweis für alle der Serie zugehörigen Marken oder zumindest für einige Marken, die eine „Serie“ bilden können, erbringen.

Im vorliegenden Fall ist bereits dieses Kriterium nicht erfüllt. Die Dokumente, die die Widersprechende vorgelegt hat, um die Benutzung ihrer Marken u.a. E POST, E POSTBRIEF, INFOPOST, PLUSPOST, POSTIDENT, POSTKIT, POSTCARD, POSTFACH, Kinderpost, POSTBOX, POSTADRESS nachzuweisen (Anlage 11/), stammen entweder von der Widersprechende selbst oder aus der Internetdatenbank Wikipedia, so dass ihnen nur ein sehr geringer Beweiswert zukommt. Die Widersprechende hat keine anderen Unterlagen eingereicht, die von einer unabhängigen Quelle stammen. Außerdem liefern diese Unterlagen keine hinreichenden Angaben über das Handelsvolumen, sowie die Dauer und Häufigkeit der Benutzung dieser Marken in Bezug auf die relevanten Waren und Dienstleistungen.

Ebenso wenig erfüllt nach Ansicht der Widerspruchsabteilung die angemeldete Marke die zweite Voraussetzung. Die Anmeldemarke muss nämlich nicht nur denen der mutmaßlichen Serie ähnlich sein, sondern auch Merkmale aufweisen, die geeignet sind, sie mit der Serie in Verbindung zu bringen. Dies könnte beispielsweise dann nicht erfüllt sein, wenn sich ein den älteren Serienmarken gemeinsamer Bestandteil in der angefochtenen Marke an einer anderen Stelle befindet oder mit einem anderen semantischen Inhalt verwendet wird.

Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die älteren Marken keine Merkmale aufweisen, die eine gedankliche Verbindung zwischen dem angemeldeten Zeichen und der älteren Markenserie begründen könnten. Auch wenn die Widersprechende sich auf ein Serienzeichen bezüglich des gemeinsamen Stamms „POST“ berufen könnte, würden die maßgeblichen Verkehrskreise nicht glauben, dass ein Teil dieser Serie von Marken ist.

Bei den Marken der Widersprechenden handelt sich meistens um Marken, die aus einem Wort bestehen, bei dem das Element „POST“ in manchen Marken am Anfang des Zeichens und in anderen an dessen Ende platziert ist. Weiterhin ist die Mehrheit der älteren Marken in der Kombination von Farben Schwarz und Gelb bzw. Gelb, Rot und Schwarz dargestellt, während das angefochtene Zeichen in Schwarz und Grün und einem modernem Schrifttype abgebildet ist. Daher ist angesichts dieser Unterschiede in diesen Bestandteilen, der geringen Kennzeichnungskraft des gemeinsamen Elements „POST“, der Tatsache, dass dieses Element in dem angefochtenem Zeichen zusammen mit dem Präfix „NEO“ geschrieben ist und in kleiner Schrift am Ende des Zeichens platziert ist, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das angemeldete Zeichen keinen Bestandteil enthält, der es mit der behaupteten Serie älterer Marken in Verbindung bringen würde.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht seitens der Öffentlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Der Widerspruch ist daher gem. Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b) UMV nicht begründet.

III. BEKANNTHEIT – ARTIKEL 8 ABSATZ 5 UMV

Gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV ist auf Widerspruch der Inhaberin einer eingetragenen älteren Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 UMV die angefochtene Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist, ungeachtet dessen, ob die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen werden soll, mit denen identisch oder denen ähnlich oder nicht ähnlich sind, für die eine ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.

Demnach sind die in Artikel 8 Absatz 5 UMV genannten Eintragungshindernisse nur unter folgenden Voraussetzungen zutreffend:

  • Die Zeichen müssen entweder identisch oder ähnlich sein.

  • Die Marke der Widersprechenden muss bekannt sein. Die Bekanntheit muss zudem vor der Anmeldung der angefochtenen Marke bestanden haben; sie muss in dem betreffenden Gebiet und im Zusammenhang mit den Waren und/oder Dienstleistungen bestehen, aufgrund derer der Widerspruch eingelegt wurde.

  • Gefahr einer Rechtsverletzung: Die Benutzung der angefochtenen Marke würde die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen.

Die vorgenannten Anforderungen sind kumulativ; ist daher eine der Anforderungen nicht erfüllt, so führt dies zur Zurückweisung des Widerspruchs nach Artikel 8 Absatz 5 UMV (16/12/2010, T-345/08, & T-357/08, Botolist / Botocyl, EU:T:2010:529, § 41). Allerdings ist zu beachten, dass die Einhaltung aller vorgenannten Voraussetzungen unter Umständen nicht ausreicht. So kann der Widerspruch auch dann zurückgewiesen werden, wenn die Anmelderin einen rechtfertigenden Grund für die Benutzung der angefochtenen Marke vorträgt.

  1. Die Zeichen

Die Zeichen wurden bereits vorher im Rahmen der Prüfung der Gründe gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV verglichen. Es wird auf die entsprechenden Feststellungen verwiesen, die nach Artikel 8 Absatz 5 UMV gleichfalls gültig sind.

  1. Bekanntheit der älteren Marke

Die von der Widersprechenden vorgelegten Beweismittel für die Bekanntheit und die hohe Unterscheidungskraft der älteren Marke wurden bereits weiter oben geprüft. Es wird auf die entsprechenden Feststellungen verwiesen, die nach Artikel 8 Absatz 5 UMV gleichfalls gültig sind.

  1. Die gedankliche Verbindung zwischen den Marken

Um festzustellen, ob die Gefahr einer Rechtsverletzung besteht, muss der Nachweis erbracht werden, dass die maßgeblichen Verkehrskreise in Anbetracht aller einschlägigen Faktoren eine gedankliche Verbindung (oder Verknüpfung) zwischen den Marken herstellt. Die Notwendigkeit einer solchen „Verbindung“ zwischen den gegenüberstehenden Marken ist in Artikel 8 Absatz 5 UMV nicht ausdrücklich erwähnt, wurde jedoch in den Urteilen vom 23/10/2003, C-408/01, Adidas, EU:C:2003:582, § 29 und 31, und vom 27/11/2008, C-252/07, Intel, EU:C:2008:655, § 66 bestätigt. Es handelt es sich nicht um eine zusätzliche Voraussetzung, sondern ist lediglich Ausdruck der Notwendigkeit, festzustellen, ob die Verbindung, die das Publikum zwischen den Marken herstellen könnte, so beschaffen ist, dass es nach Prüfung aller für den jeweiligen Fall relevanten Faktoren wahrscheinlich zu einer Beeinträchtigung oder unlauteren Ausnutzung kommen wird.

Mögliche relevante Faktoren für die Untersuchung einer „Verbindung“ sind unter anderem (27/11/2008, C-252/07, Intel, EU:C:2008:655, § 42):

        der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen;

        die Art der Waren und Dienstleistungen, einschließlich des Grades der Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit zwischen diesen Waren und Dienstleistungen, sowie die betreffenden Verkehrskreise;

        das Ausmaß der Bekanntheit der älteren Marke;

        der Grad der der älteren Marke innewohnenden oder von ihr durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft;

        das Bestehen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum.

Diese Liste ist nicht erschöpfend und je nach den besonderen Umständen können auch andere Kriterien zum Tragen kommen. Auch kann das Bestehen einer „Verbindung“ auf der Grundlage von nur einigen dieser Kriterien festgestellt werden.

Im vorliegenden Falle sind die Zeichen insofern ähnlich, als sie sich in dem Bestandteil „Post“ übereinstimmen. Das bedeutet nicht, dass das betreffende Publikum notwendigerweise eine gedankliche Verbindung zwischen ihnen herstellen wird. Betrachtet man die betreffenden Waren und Dienstleitungen, ist klar, dass die Ähnlichkeiten zwischen den gegenüberstehenden Zeichen Elemente ohne besondere Unterscheidungskraft betreffen. Auch ist das Wort „POST“ in der angefochtenen Marke nicht in Alleinstellung, sondern als Bestandteil des Wortes „NEOPOST“ wiedergegeben, welches an letzter Stelle in kleiner Schrift wiedergegeben ist.

Darüber hinaus unterscheiden sich die angefochtene Marke  und die ältere Marke „POST“ in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht durch die zusätzlichen Elemente „mail4business“ und der farblichen und graphischen Gestaltung der angefochtenen Marke hinreichend deutlich, um einen Verwechslungsgefahr auszuschließen. Der Schutzumfang der älteren Marke „Post“ ist äußerst begrenzt und sich bezieht auf das Wort „POST“ in Alleinstellung oder in Verbindungen mit weiteren, von der Widersprechenden verwendeten Kennzeichnungsmerkmalen. Die typischerweise von der Widersprechenden benutzten weiteren Kennzeichnungsmerkmale (schwarze, traditionelle Schrift, gelber Hintergrund, Posthorn) kommen in der angefochtenen Marke nicht vor. Stattdessen ist sie in einer anderen Farbe und Schrift (schwarz, grün und modern) gehalten, so dass die graphische Ausgestaltung sie noch weiter von der älteren Marke entfernt. Außerdem ist das Element „Post“ zusammen mit dem Präfix „NEO“ geschrieben. Der Begriff „Neopost“ als solcher existiert nicht in der deutschen Sprache.

Wie bereits vorgehend in dieser Entscheidung erläutert wurde, bezeichnet das Wort „POST“ in der deutschen Sprache einerseits die Einrichtung, die Briefe, Pakete, Päckchen und andere Waren befördert und zustellt, und andererseits die beförderten und zugestellten Güter selbst, z. B. Briefe, Karten, Pakete und Päckchen. Darüber hinaus ist der Verbraucher aufgrund der Liberalisierung des Postsektors inzwischen daran gewöhnt, dass unterschiedliche, konkurrierende Markteilnehmer Postdienstleistungen anbieten. Daher ist es unwahrscheinlich, dass die Verbraucher heutzutage das Wort „POST“ ausschließlich mit einem einzigen Unternehmen – der Widersprechenden – in Verbindung bringen. Stattdessen ist ihnen bekannt, dass verschiedene, miteinander konkurrierende Unternehmen unter Marken mit dem Bestandteil „POST“ Postdienstleistungen anbieten. Daher sind die Ähnlichkeiten zwischen der angefochtenen Marke und der älteren Marke angesichts der geringen Unterscheidungskraft des gemeinsamen Bestandteiles „Post“ sowie der Marktlage kaum geeignet, den durchschnittlichen Verbraucher an die ältere Marke zu erinnern.

Dem Wort „POST“ ist wegen seiner Eintragung als nationale Marke eine gewisse selbständig kennzeichnende Stellung zuzuerkennen, jedoch bedeutet dies nicht, dass dieses Wort eine so hohe Kennzeichnungskraft hat, dass dadurch ein uneingeschränktes Recht begründet würde, sich der Eintragung aller späteren Marken, in denen es in irgendeiner Weise vorhanden ist, zu widersetzen.

Ferner kann ein Wort, das Bestandteil einer zusammengesetzten Marke ist, anders wahrgenommen werden, als wenn es alleinstehend oder in einem anderen Zusammenhang verwendet wird. Das liegt umso mehr auf der Hand, wenn, wie in dem vorliegendem Fall, diesem Wort mehrere Bestandteile vorausgehen. Im vorliegenden Fall kommt dem Wortelement „Post“ auch deshalb keine selbständig kennzeichnende Stellung zu, weil es mit den vorangestellten Elementen „mail4business by neo-“ eine gesamtbegriffliche Einheit bildet. Darüber hinaus treten die Wortbestandteile „by neopost“, wegen der wesentlich kleineren Schriftgröße und der beschreibenden Aussage, in den Hintergrund, so dass sie im Gesamteindruck auch einfach übersehen werden können. Die Vergleichsmarken weisen weder im Aufbau noch in ihren schriftbildlichen Elementen Gemeinsamkeiten auf, die den Schluss auf geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Unternehmen der Widersprechenden und der Inhaberin der angegriffenen Marke zuließen.

Da die Widersprechende jahrelang in der Vergangenheit das Postmonopol auf dem deutschen Markt innehatte, ist es nur natürlich, dass der Verbraucher den generischen Begriff „POST“ in Verbindung mit Postdienstleistungen mit ihr verbindet. Auch wenn der älteren Marke an sich nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann, so bedeutet dies andererseits auch nicht, dass sie in der Lage ist, als Herkunftshinweis auf ein Unternehmen zu dienen, wenn sie Bestandteil einer anderen Marke mit einem insgesamt anderen Gesamteindruck und einer anderen Aussprache ist. Der Gattungsbegriff „POST“ beschreibt die Dienstleistungen selbst, da er üblicherweise dazu verwendet wird, sie zu beschreiben. Der Ausdruck „POST“ wird vom relevanten Publikum nicht nur als ein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen verstanden, sondern auch als ein Hinweis auf die Dienstleistungen, er kann also verwendet werden, ohne notwendigerweise ein Hinweis auf die ältere Marke zu sein.

Unter Berücksichtigung und Abwägung aller einschlägigen Faktoren des vorliegenden Falles kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass es unwahrscheinlich ist, dass das jeweilige Publikum die einander gegenüberstehenden Zeichen in gedanklichen Zusammenhang miteinander bringen, d. h. eine „Verbindung“ herstellen wird. Somit ist der Widerspruch gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV unbegründet und damit zurückzuweisen.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Julia SCHRADER

Renata COTTRELL

Martin EBERL

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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