NICO | Decision 2699935

WIDERSPRUCH Nr. B 2 699 935

Nico Fahrzeugteile GmbH, Wilhelm-Hauff-Str. 44, 74906 Bad Rappenau, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Annett Rennert, Obermarkt 22, 04720 Döbeln, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Wolfram Nicolai Stiftung, Weiherstr. 2 – 4, 75173 Pforzheim, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Kramer · Barske · Schmidtchen Patentanwälte PartG mbB, Landsberger Str. 300, 80687 München, Deutschland (zugelassener Vertreter).

Am 24/07/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 699 935 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 113 004 für die Wortmarke „NICO“ ein, und zwar gegen alle Waren und Dienstleistungen der Klassen 12 und 40. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Unternehmensbezeichnung „NICO“. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 4 UMV.

NICHT EINGETRAGENE MARKE ODER IM GESCHÄFTLICHEN VERKEHR BENUTZTES ANDERES KENNZEICHENRECHT – ARTIKEL 8 ABSATZ 4 UMV

Artikel 8 Absatz 4 UMV besagt, dass auf Widerspruch der Inhaberin einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Union oder des Mitgliedstaats:

  1. Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Unionsmarke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind

  1. dieses Kennzeichen seiner Inhaberin das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.

Die Eintragungshindernisse von Artikel 8 Absatz 4 UMV unterliegen somit den folgenden Anforderungen:

  • Das ältere Kennzeichen muss vor der Einreichung der angefochtenen Marke im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung benutzt worden sein.

  • Die Widersprechende muss nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht vor der Einreichung der angefochtenen Marke Rechte an dem Kennzeichen, auf das der Widerspruch gestützt wird, erworben haben, einschließlich des Rechts, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.

  • Die Bedingungen, unter denen die Benutzung einer jüngeren Marke untersagt werden kann, müssen in Bezug auf die angefochtene Marke erfüllt sein.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Erfüllt ein Zeichen eine dieser Voraussetzungen nicht, bleibt einem Widerspruch, der auf eine ältere nicht eingetragene Marke oder andere im geschäftlichen Verkehr benutzte Kennzeichenrechte im Sinne von Artikel 8 Absatz 4 UMV gestützt wird, somit der Erfolg versagt.

  1. Vorherige Benutzung im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung

Die Bedingung der Benutzung im geschäftlichen Verkehr ist eine konstitutive Voraussetzung, ohne die das betreffende Zeichen keinerlei Schutz gegen die Eintragung einer Unionsmarke genießt, und sie besteht unabhängig von den Voraussetzungen, die das nationale Recht für den Erwerb des ausschließlichen Rechts aufstellt. Überdies muss eine solche Benutzung darauf schließen lassen, dass das betreffende Kennzeichenrecht von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung ist.

Hierzu ist festzustellen, dass die Voraussetzung in Bezug auf die Benutzung eines Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung im geschäftlichen Verkehr nach Artikel 8 Absatz 4 UMV den Zweck verfolgt, Konflikte zwischen den Zeichen zu begrenzen, indem sie verhindert, dass ein älteres Recht, das nicht hinreichend ausgeprägt, d. h. im geschäftlichen Verkehr wichtig und bedeutungsvoll ist, der Eintragung einer neuen Unionsmarke entgegenstehen kann. Die Möglichkeit eines Widerspruchs soll auf Zeichen beschränkt sein, die auf ihrem relevanten Markt tatsächlich und wirklich präsent sind. Um die Eintragung eines neuen Zeichens verhindern zu können, muss das für den Widerspruch geltend gemachte Zeichen tatsächlich in hinreichend bedeutsamer Weise im geschäftlichen Verkehr benutzt werden und eine mehr als lediglich örtliche geografische Schutzausdehnung haben, was bedeutet, dass, wenn das Schutzgebiet dieses Zeichens als nicht örtlich angesehen werden kann, die Benutzung in einem bedeutenden Teil dieses Gebiets erfolgen muss. Bei der Feststellung, ob dies der Fall ist, sind die Dauer und die Intensität der Benutzung dieses Zeichens als unterscheidendes Element für seine Adressaten zu berücksichtigen, bei denen es sich sowohl um Käufer und Verbraucher als auch um Lieferanten und Wettbewerber handelt. In dieser Hinsicht sind insbesondere Benutzungen des Zeichens in der Werbung und in der geschäftlichen Korrespondenz erheblich. Ferner ist die Beurteilung der Voraussetzung der Benutzung im geschäftlichen Verkehr für jedes Gebiet, in dem das für den Widerspruch geltend gemachte Recht geschützt ist, getrennt vorzunehmen. Schließlich muss die Benutzung des in Frage stehenden Zeichens im geschäftlichen Verkehr vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke dargetan werden (29/03/2011, C-96/09 P, Bud, EU:C:2011:189, § 157, 159, 160, 163 und 166).

Im verfahrensgegenständlichen Verfahren wurde die angefochtene Marke am 16/02/2016 angemeldet. Daher musste die Widersprechende nachweisen, dass das Kennzeichenrecht, auf das der Widerspruch gestützt wird, vor diesem Zeitpunkt in Deutschland im geschäftlichen Verkehr von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung benutzt wurde. Ferner muss der Nachweis erbracht werden, dass das Zeichen der Widersprechenden im geschäftlichen Verkehr für die geltend gemachten Waren und Dienstleistungen benutzt wurde, nämlich in Bezug auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile, Metallbearbeitung, Herstellung und Vertrieb von Fahrzeugteilen aller Art sowie der Export und Import; Vertrieb von Ersatzteilen für Anhänger und Dienstleistung der Metallbearbeitung.

Am 03/10/2016 (innerhalb der Substantiierungsfrist, die am 06/10/2016 abgelaufen ist) reichte die Widersprechende folgende Beweismittel ein:

  • Anlage 1: Auszug aus dem deutschen Markengesetz § 5.
  • Anlage 2: Gesellschaftsvertrag der Widersprechenden vom 30/09/1987.
  • Anlagen 3 und 4: Handelsregisterauszüge vom 28/01/2014 und vom 19/05/2015.
  • Anlagen 5 – 10: Jahresabschlüsse der Widersprechenden zu den Jahren 2007 – 2012.
  • Anlage 11: Gutachten vom 10/02/2014, erstellt von exnet über die Widersprechende (Bescheinigung nach § 270b InsO und gutachterliche Stellungnahme im Hinblick auf Beurteilung des Grobkonzepts für die Sanierung).
  • Anlage 12: Zertifikat, dass die Widersprechende zum AL-KO Premium Partner für den Zeitraum 01/01/2014 – 31/12/2014 ernannt worden ist.
  • Anlage 13: Europäische Zertifizierung (Compliance Statement) vom 08/08/2016.
  • Anlage 14: Insolvenzantrag vom 11/02/2014.
  • Anlage 15: Sachverständigengutachten in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Widersprechenden vom 27/05/2014.
  • Anlage 16: Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz vom 01/06/2014, womit das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Widersprechenden eröffnet wird und Eigenverwaltung angeordnet wird.
  • Anlagen 17 und 18: Sachstandsberichte in dem Insolvenzverfahren vom 22/07/2014 und vom 29/01/2015.
  • Anlage 19: Handelsregisterauszug vom 19/05/2015.
  • Anlagen 20 und 21: Sachstandsberichte in dem Insolvenzverfahren vom 29/01/2016 und vom 29/07/2016.
  • Anlagen 22 und 23: Bilanzen vom 01/01/2014 bis 31/12/2014 und vom 01/01/2015 bis 31/12/2015.
  • Anlage 24: Auszug aus dem Insolvenzplanentwurf vom 22/09/2016.
  • Anlagen 25-28: Auszüge aus dem Deutschen Markengesetz §6, §§12,13 und 14.
  • Anlage 29: Tabelle mit Kundenumsätzen der Widersprechenden in 2015 (Deutschland und restliches Europa).
  • Anlage 30: Mehr als 70 Rechnungen oder Auszüge aus Rechnungen, die die Widersprechende an Kunden vor allem in Deutschland, aber auch in anderen Ländern (Österreich, Schweden, die Schweiz usw.) in dem Zeitraum 2011 – 2016 ausgestellt hat.
  • Anlagen 31 und 32: Übersicht der Rechnungen der Widersprechenden, die in 2015 und von 01/2016 bis 08/2016 ausgestellt worden sind.
  • Anlage 33: Produktkatalog der Widersprechenden.
  • Anlage 34: Auszüge vom 29/09/2016 aus der Internetseite der Widersprechenden www.nico.info.
  • Anlage 35: Auszug aus der ICANN WHOIS Datenbank vom 30/09/2016 bezüglich des Domainnamens nico.info.
  • Anlage 36: Flyer der Widersprechenden „Wir über uns“.
  • Anlage 37: Auskunft aus dem Stiftungsverzeichnis des Regierungsbezirks Karlsruhe vom 29/09/2016.

Die Anmelderin reicht eine Stellungnahme zum Widerspruch und zu den eingereichten Nachweisen der Widersprechenden ein. Im Einzelnen trägt die Anmelderin vor, dass der Widersprechenden keine Rechte an der geltend gemachten Unternehmensbezeichnung zustehen. Diese hätten immer Herrn Wolfram Nicolai und später der Anmelderin gehört und seien der Muttergesellschaft der Widersprechenden (der Nico Holding AG) aufgrund von Lizenzverträgen überlassen worden und reicht diesbezüglich Nachweise ein (u.a. Lizenzverträge). Des Weiteren gibt die Anmelderin an, dass die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen sich allenfalls auf einen Teil des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses der Unionsmarkenanmeldung beziehen würden und insbesondere für die Dienstleistungen der Klasse 40 keinerlei Nachweise vorlägen.

Daraufhin reicht die Widersprechende am 09/03/2017 eine Stellungnahme samt weiteren Nachweisen ein, wie folgt:

  • Anlage 38: Auszug aus dem Deutschen Markengesetz §15.
  • Anlage 39: Compliance Statement vom 16/02/2017.
  • Anlage 40: Schweißerpass eines Arbeitnehmers der Widersprechenden.
  • Anlage 41: Schweißer-Prüfungsbescheinigung eines Arbeitnehmers der Widersprechenden.
  • Anlage 42: Eintragung in die Handwerksrolle der Handwerkskammer Heilbronn-Franken.
  • Anlage 43: Handwerkskarte der Handwerkskammer Chemnitz Nr. 68417.
  • Anlage 44: Fotodokumentation der Produktionshalle.

Die eingereichten Unterlagen, insbesondere die Jahresabschlüsse, die Gutachten, der Beschluss des Amtsgerichts Chemnitz und die Rechnungen, beweisen, dass der Benutzungsort unter anderem Deutschland ist. Dies kann abgeleitet werden aus dem Inhalt der Dokumente, die sich auf Deutschland beziehen, sowie aus zahlreichen Adressen in Deutschland.

Das umfangreiche Beweismaterial bestätigt die Nutzung innerhalb einer über zehnjährigen Zeitspanne vor Anmeldung der angefochtenen Unionsmarke.

Die eingereichten Unterlagen liefern der Widerspruchsabteilung ausreichende Angaben über das Handelsvolumen sowie die Dauer und Häufigkeit der Benutzung. Aus den Beweismitteln geht eindeutig hervor, dass der geschäftliche Verkehr der Widersprechenden unter dem betreffenden Zeichen mehr als lediglich örtliche Bedeutung hat. Die Beweismittel belegen eindeutig, dass die wirtschaftliche Dimension des Zeichens infolge seiner Benutzung über den örtlichen Bereich hinausgeht, in dem die Widersprechende ihren Sitz hat.

Die Beweismittel belegen, dass das Zeichen der Widersprechenden im geschäftlichen Verkehr in Bezug auf einen Teil der geltend gemachten Waren und Dienstleistungen benutzt wurde, nämlich Fahrzeugteile, Herstellung und Vertrieb von Fahrzeugteilen aller Art sowie der Export und Import; Vertrieb von Ersatzteilen für Anhänger.

Allerdings wurden kaum oder keine Nachweise in Bezug auf Fahrzeuge und Dienstleistung der Metallbearbeitung eingereicht. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden reichen die Nachweise nicht aus, um eine Benutzung auch in Bezug auf Fahrzeuge, Metallbearbeitung und Dienstleistung der Metallbearbeitung zu belegen. Keines der eingereichten Beweisstücke bezieht sich auf Fahrzeuge. Des Weiteren kann der Widersprechenden nicht zugestimmt werden, dass aus der Tatsache, dass die Widersprechende Sonderanfertigungen von Fahrzeugteilen selbst ausführt und dabei Metall bearbeitet, abgeleitet werden kann, dass die Widersprechende Dienstleistung der Metallbearbeitung für Dritte erbringt.

Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Benutzungsnachweise, die mit der Stellungnahme der Widersprechenden vom 09/03/2017 eingereicht wurden (Anlagen 39 - 44) nach Ablauf der Substantiierungsfrist (die am 06/10/2016 abgelaufen ist) beim Amt eingegangen sind. Gemäß Regel 19 Absatz 4 UMDV lässt das Amt schriftliche Vorlagen oder Unterlagen oder Teile davon unberücksichtigt, die nicht innerhalb der vom Amt gesetzten Frist vorgelegt oder in die Verfahrenssprache übersetzt wurden. Folglich sind die vorstehend erwähnten Beweismittel nicht zu berücksichtigen. Auch falls diese Nachweise zu berücksichtigen wären, ist die Widerspruchsabteilung der Meinung, dass dies die obigen Schlussfolgerungen nicht ändern würde, da aus diesen Nachweisen keine Angaben in Bezug auf Handelsvolumen sowie Dauer und Häufigkeit der Benutzung für Dienstleistung der Metallbearbeitung für Dritte entnommen werden können.

Was die Art der Benutzung des Zeichens betrifft, so kann festgestellt werden, dass der Firmenname „NICO“, soweit er nicht alleinstehend benutzt wurde, überwiegend in Verbindung mit den beschreibenden Wortelementen „Fahrzeugteile GmbH“ angegeben ist, oder auch mit nicht unterscheidungskräftigen Bildelementen, wie z. B. .

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die eingereichten Nachweise in ihrer Gesamtheit bekunden, dass “NICO” als klar erkennbares Unternehmenskennzeichen in Bezug auf die oben erwähnten Waren und Dienstleistungen mit mehr als lediglich örtlicher Bedeutung in Deutschland benutzt wurde.

An dieser Stelle kann es dahingestellt bleiben, ob der Anmelderin Rechte am Unternehmenskennzeichen „NICO“ zustehen und ob die eingereichten Lizenzverträge für die Beurteilung der Berechtigung der Widersprechenden zur Einlegung des Widerspruches relevant sind.

  1. Das anwendbare Recht

Im vorliegenden Fall beruft sich die Widersprechende auf die Unternehmensbezeichnung (Handelsname/Geschäftsbezeichnung) „NICO“ und auf den Schutz, der auf den „§§ 5 Abs. 1 und Abs. 2, 12, 14, 15 Abs. 2, 3, 4 des Deutsches Markengesetz“ (vgl. Widerspruchsformular) beruht. Die Widersprechende gibt in der Widerspruchsschrift an, dass Unternehmenskennzeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 Deutsches Markengesetz Zeichen sind, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden und es Dritten gemäß § 15 Abs. 2 Deutsches Markengesetz untersagt ist, die geschäftliche Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen. In dem Schriftsatz, der seitens der Widersprechenden innerhalb der Substantiierungsfrist eingereicht wurde, wird auch gelegentlich Bezug auf das „Unternehmenskennzeichen als nicht eingetragene ältere Marke/Firmenbezeichnung“ genommen.

Nach Artikel 76 Absatz 1 UMV ermittelt in einem Verfahren vor dem Amt das Amt den Sachverhalt von Amts wegen. Soweit es sich jedoch um Verfahren bezüglich relativer Eintragungshindernisse handelt, ist die Widerspruchsabteilung bei dieser Ermittlung auf das Vorbringen und die verfahrensrechtlichen Anträge der Beteiligten beschränkt.

Gemäß Regel 19 Absatz 2 Buchstabe d UMDV muss die Widersprechende, wenn der Widerspruch auf ein älteres Recht im Sinne des Artikels 8 Absatz 4 UMV gestützt ist, den Erwerb, den Fortbestand und den Schutzumfang dieses Rechts nachweisen.

Daher obliegt es der Widersprechenden, alle erforderlichen Informationen für die Entscheidung vorzulegen, einschließlich der Angabe des anwendbaren Rechts und Vorlage aller erforderlichen Informationen für dessen ordnungsgemäße Anwendung. Nach der Rechtsprechung obliegt es der Widersprechenden „… nicht nur, vor dem HABM [EUIPO] die Angaben vorzubringen, die beweisen, dass sie die nach den nationalen Rechtsvorschriften, deren Anwendung sie begehrt, erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, ... sondern auch, die Angaben vorzubringen, aus denen sich der Inhalt dieser Rechtsvorschriften ergibt“ (05/07/2011, C-263/09 P, Elio Fiorucci, EU:C:2011:452, § 50). Die vorzulegenden Nachweise müssen es der Widerspruchsabteilung ermöglichen, mit Sicherheit festzustellen, dass in dem fraglichen Recht ein bestimmter Rechtsanspruch vorgesehen ist, sowie die Bedingungen für den Erwerb dieses Rechtsanspruches. Die Nachweise müssen ferner der Widerspruchsabteilung Klarheit darüber verschaffen, ob die Inhaberin des Rechts befugt ist, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, sowie die Bedingungen, unter denen dieser Rechtsanspruch gilt und gegenüber einer jüngeren Marke durchsetzbar ist.

Zur Anwendung von nationalem Recht muss die Widersprechende die einschlägigen Bestimmungen der geltenden Rechtsvorschriften bezüglich der Voraussetzungen für den Erwerb von Rechten und des Schutzumfangs des Rechts anführen. Die Widersprechende muss Angaben zu den maßgeblichen Rechtsvorschriften (Artikelnummer sowie Nummer und Titel der Rechtsvorschrift) und zu deren Inhalt (Text) machen, indem sie diese entweder vorlegt oder in einer Veröffentlichung, die sie ihrem Antrag beifügt, entsprechend markiert (z. B. Auszüge aus einem Amtsblatt, eines Gesetzeskommentars oder eines Gerichtsurteils). Wenn die angeführte Rechtsvorschrift auf eine weitere Rechtsvorschrift Bezug nimmt, ist diese ebenfalls vorzulegen, um Antragsteller und Amt in die Lage zu versetzen, die geltend gemachte Rechtsvorschrift vollumfänglich zu verstehen und die mögliche Relevanz dieser zusätzlichen Rechtsvorschrift zu bewerten.

Außerdem muss die Widersprechende angemessene Nachweise über die Erfüllung der Voraussetzungen für den Erwerb und über den Schutzumfang des geltend gemachten Rechts erbringen und belegen, dass die Schutzbedingungen in Bezug auf die angefochtene Marke tatsächlich erfüllt sind. Insbesondere muss sie stichhaltige Beweise dafür vorlegen, dass es ihr nach geltendem nationalem Recht gelingen würde, die Benutzung der angefochtenen Marke zu untersagen.

Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende zwar in der Widerspruchsschrift auf mehrere Rechtsvorschriften des Deutschen Markengesetzes verwiesen und geltend gemacht, dass ihr daraus Schutz im Falle einer Verwechslungsgefahr zustehe, allerdings lagen der Widerspruchsschrift keinerlei Beweismittel für die einschlägigen Bestimmungen der geltenden Rechtsvorschriften bei.

Am 06/06/2016 wurde der Widersprechenden für die Einreichung der vorgenannten Unterlagen eine Frist von zwei Monaten nach Ablauf der „Cooling-off“-Frist eingeräumt. Diese Frist lief am 06/10/2016 ab.

Am 03/10/2016 reichte die Widersprechende einen Schriftsatz zur Begründung des Widerspruches und entsprechende Nachweise ein.

Die Widersprechende fügte dem oben genannten Schriftsatz Auszüge der §§ 5, 6, 12, 13 und 14 MarkenG (Anlagen 1, 25 – 28) bei und gab auch Teile dieser Vorschriften in dem Schriftsatz wieder.

§ 5 MarkenG definiert Unternehmenskennzeichen und Werktitel und besagt, dass diese als geschäftliche Bezeichnungen geschützt werden. Aus Absatz 2 dieser Vorschrift ergibt sich, dass Unternehmenskennzeichen Zeichen sind, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Somit ist die Widerspruchsabteilung der Ansicht, dass die Widersprechende ausreichende Nachweise bezüglich der Voraussetzungen für den Erwerb von dem geltend gemachten Unternehmenskennzeichen vorgelegt hat.

Das Recht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen, ergibt sich jedoch aus dieser Vorschrift nicht. So ein Recht ergibt sich auch nicht aus den restlichen Rechtsvorschriften, die die Widersprechende innerhalb der Substantiierungsfrist eingereicht hat. § 6 MarkenG bezieht sich auf den Vorrang und Zeitrang von Marken und sonstigen Kennzeichen; § 13 MarkenG sieht Rechte für Inhaber sonstiger älterer Rechte (Namensrechte, Urheberrechte, sonstige gewerbliche Schutzrechte, usw.) vor, bezieht sich jedoch nicht auf Unternehmenskennzeichen; § 14 MarkenG regelt Rechte von Inhabern von Marken und Absatz 1 dieser Vorschrift Verweist auf den Erwerb des Markenschutzes nach § 4 (letzterer ist allerdings nicht eingereicht worden).

Aus § 12 MarkenG ergibt sich, dass die Eintragung einer Marke gelöscht werden kann, wenn ein anderer vor dem für den Zeitrang der eingetragenen Marke maßgeblichen Tag Rechte an einer Marke im Sinne des § 4 Nr. 2 oder an einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 erworben hat und diese ihn berechtigen, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen.

Aus dieser Vorschrift ergibt sich allerdings nicht, welche Rechtsverletzungen der Schutzanspruch abdeckt, also in welchen Fällen der Inhaber einer Marke im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG oder einer geschäftlichen Bezeichnung im Sinne des § 5 MarkenG das Recht zusteht, die Benutzung der eingetragenen Marke im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen.

Die Widersprechende bezieht sich in der Widerspruchsschrift auf den Schutz, der ihr gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG zustehe. Diese Vorschrift ist innerhalb der Substantiierungsfrist nicht eingereicht worden.

Daher ist die Widerspruchsabteilung der Ansicht, dass die Widersprechende im vorliegenden Fall keine ausreichenden Informationen bezüglich des rechtlichen Schutzes für die Art des geltend gemachten Unternehmenskennzeichens vorgelegt hat.

Die Widersprechende reichte erst am 09/03/2017, also nach Ablauf der Substantiierungsfrist, einen Auszug des § 15 MarkenG ein.

Gemäß Regel 19 Absatz 4 UMDV lässt das Amt schriftliche Vorlagen oder Unterlagen oder Teile davon unberücksichtigt, die nicht innerhalb der vom Amt gesetzten Frist vorgelegt oder in die Verfahrenssprache übersetzt wurden. Daraus folgt, dass das vorstehend erwähnte Beweismittel nicht berücksichtigt werden kann.

Darüber hinaus ist die Widerspruchsabteilung der Auffassung, dass im vorliegenden Fall keine Umstände vorliegen, die die verspätete Einreichung des Auszuges des § 15 MarkenG rechtfertigen könnten. Erstens, war das verspätet eingereichte Beweismittel zum Zeitpunkt des Ablaufs der Substantiierungsfrist bereits verfügbar und die Widersprechende hat die Fristversäumnis nicht gerechtfertigt, und, zweitens, die Anmelderin hat zwar die Nachweise in Bezug auf die Benutzung des Unternehmenskennzeichens und der Berechtigung der Widersprechenden beanstandet, die eingereichten Beweismittel in Bezug auf das anwendbare Recht sind allerdings nicht beanstandet worden, so dass sich daraus Anlass zur Erwiderung ergeben könnte.  

Der Vollständigkeit halber weist die Widerspruchsabteilung darauf hin, dass auch falls davon auszugehen wäre, dass die Widersprechende auch eine nicht eingetragene Marke geltend gemacht hat (quod non, da in der Widerspruchsschrift nur ein Unternehmenskennzeichen geltend gemacht ist und eine nicht eingetragene Marke erst in dem Schriftsatz der Widersprechenden, der nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingereicht worden ist, erwähnt wird), dies nichts am Ausgang dieses Verfahrens ändern würde. Aus den eingereichten Auszügen bezüglich der deutschen Rechtsvorschriften können auch die Voraussetzungen für den Erwerb von Rechten an nicht eingetragenen Marken in Deutschland nicht entnommen werden (liegt eine Benutzungsanforderung vor, und falls ja, welcher Standard findet Anwendung, usw.). Wie bereits oben in dieser Entscheidung erwähnt, verweisen die eingereichten Auszüge aus dem Deutschen Markengesetz auf den Erwerb des Markenschutzes nach § 4, letzterer ist allerdings nicht eingereicht worden.

Da eine der in Artikel 8 Absatz 4 UMV genannten notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt ist, ist der Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Claudia MARTINI

Denitza STOYANOVA-VALCHANOVA

Martin EBERL

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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