Ro'thello | Decision 2670720

WIDERSPRUCH Nr. B 2 670 720

Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG, Seestr. 204, 8802 Kilchberg, Schweiz (Widersprechende), vertreten durch Barkhoff Reimann Vossius, Prinzregentenstr. 74, 81675 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Ro'thello BVBA, Scheepstraat 12, 3630 Maasmechelen, Belgien (Anmelderin), vertreten durch Schulte & Schulte, Hauptstr. 2, 45219 Essen, Deutschland (zugelassener Vertreter).

Am 24/05/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Der Widerspruch Nr. B 2 670 720 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.

2.        Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 15 070 865 ein, und zwar gegen einige der Waren der Klasse 30. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 11 872 306. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe  b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:

Klasse 30: Schokolade, Pralinen.

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:

Klasse 30: Schokolade; Schokoriegel; Süßspeisen; Süßwaren [Bonbons]; Eiscreme; Backwaren, ausgenommen Dauerbackwaren; Konditoreiwaren. 

In der Widerspruchsschrift hat die Widersprechende die Ware Kaugummi in der Klasse 30 nicht als solche gegen die sich der Widerspruch richtet aufgelistet. Diese Ware findet vielmehr erstmalig Erwähnung in der Widerspruchsbegründung vom 17/06/2016. Da die Widersprechende dieser Ware somit erst nach Ablauf der Widerspruchsfrist am 25/05/2016 widersprach, kann dieselbe keine Berücksichtigung im Widerspruchsverfahren finden.

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Waren in Klasse 30

Schokolade ist identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten.

Die angefochtenen Schokoriegel; Süßspeisen; Süßwaren [Bonbons] überschneiden sich mit der Schokolade der Widersprechenden. Deshalb sind sie identisch.

Die angefochtenen Eiscreme; Backwaren, ausgenommen Dauerbackwaren; Konditoreiwaren sind der Schokolade der Widersprechenden ähnlich, da sie den gleichen Hersteller, das gleiche Publikum, die gleichen Vertriebswege und die gleiche Benutzungsart haben können.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder ähnlich befundenen Waren an das breite Publikum.

Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich.

  1. Die Zeichen

HELLO

RO'THELLO

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Bei den in Frage stehenden Marken handelt es sich um Wortmarken.

Das Wort „HELLO“ der älteren Marke wird vom englischsprachigen relevanten Publikum als „HALLO“ verstanden. Auch von dem Teil des relevanten Publikums, das kein Englisch spricht, wird die Bedeutung dieses Wortes verstanden, da dies ein einfacher englischer Ausdruck ist, der zum allgemeinen Grundwortschatz gehört, zum Beispiel als das Äquivalent des spanischen Wortes "hola" oder des deutschen Wortes „hallo“ (siehe etwa: Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des EUIPO vom 21. April 2016 in der Sache R 1979/2015-2, hello digitalmente diferentes (fig.) / HELLO! (fig.), Absatz 38, et al.). Da es für die relevanten Waren in keinem der beiden Fälle weder beschreibend, anspielend noch anderweitig schwach ist, ist es kennzeichnungskräftig.

Die angefochtene Marke enthält ein Apostroph und besteht daher aus zwei visuell abgetrennten Elementen, nämlich „Ro“ und „Thello“, die weder einen aussagefähigen Ausdruck wiedergeben, noch als solche eine Bedeutung haben. Deswegen sind die Elemente „Ro“ und „Thello“ normal unterscheidungskräftig.

Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf den Anfang eines Zeichens zu konzentrieren. Der Grund dafür ist, dass das Publikum von links nach rechts lesen wird, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst richtet.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die in beiden Zeichen enthaltene Buchstabenfolge „HELLO“ überein. Während die ältere Marke nur aus diesem Wort besteht, beginnt die angefochtene Marke mit der Zeichenfolge „RO'T“. In der Gegenüberstellung stellt sich die angefochtene Marke damit als deutlich länger dar als die ältere Marke. Auch führt das Apostroph in der angefochtenen Marke zu einer sichtbaren Trennung der Marke in die Phantasiebegriffe „RO“ und „THELLO“.

Die Zeichen sind daher bildlich kaum ähnlich.

In klanglicher Hinsicht, unabhängig von den unterschiedlichen Ausspracheregeln in verschiedenen Teilen des maßgeblichen Gebiets, stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstabenfolge „H-E-L-L-O“ beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich jedoch im Klang der dieser in der angefochtenen Marke vorausgehenden Buchstabenfolge „R-O-T“, wobei der enthaltene Apostroph nicht ausgesprochen wird.

Die Zeichen sind daher in klanglicher Hinsicht kaum ähnlich.  

Begrifflich hat das angefochtene Zeichen, wie oben erklärt, keine Bedeutung im relevanten Gebiet. Da eines der Zeichen keine Bedeutung hat, sind die Zeichen begrifflich nicht ähnlich. Eine begriffliche Trennung der angefochtenen Marke in die Wörter „ROT“ und „HELLO“ erscheint aufgrund des in „RO“ und „THELLO“ trennenden Apostrophs als gekünstelt und somit äußerst unwahrscheinlich.

Da die Zeichen in mindestens einem Aspekt des Vergleichs für ähnlich befunden wurden, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Laut der Widersprechenden besitzt die ältere Marke einen gesteigerten Kennzeichnungsgrad aufgrund der intensiven Benutzung in Deutschland für alle der Waren für welche sie eingetragen ist. Diese Behauptung muss sorgfältig untersucht werden, da die Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Beurteilung einer Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden muss. Tatsächlich ist die Verwechslungsgefahr umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt. Somit genießen Marken mit hoher Kennzeichnungskraft aufgrund ihrer Bekanntheit auf dem Markt einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (29/09/1998, C 39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 18).

Die Widersprechende reichte als Beweismittel Auszüge aus dem Produktkatalog 2016 (10 Seiten) ein.

Nach Prüfung des oben genannten Materials kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die von der Widersprechenden eingereichten Beweismittel nicht belegen, dass die ältere Marke durch ihre Benutzung einen hohen Grad an Kennzeichnungskraft gewonnen hat.

Zwar kann die Widersprechende belegen, dass sich die ältere Marke im Vertrieb befindet, aus dem Produktkatalog allein geht der behauptete Nutzungsumfang und Bekanntheitsgrad jedoch nicht hervor.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

„Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Das betreffende Gebiet ist die Europäische Union. Das relevante Publikum besteht aus dem breiten Publikum. Der Grad der Aufmerksamkeit gilt als durchschnittlich.

Wie oben ausgeführt, sind die streitigen Waren mit den Waren des Widersprechenden identisch oder ähnlich.

Die Zeichen im Konflikt sind in visueller und klanglicher Hinsicht kaum ähnlich, sowie konzeptionell unähnlich, wie im Detail oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erklärt. Das Argument der Widersprechenden, es würde vom Betrachter der angefochtenen Marke eine Trennung in die Wörter  „ROT“ und HELLO“ vorgenommen werden, ist nicht nachvollziehbar aufgrund der oben bereits erläuterten Funktion des Apostrophs.

Eine erhöhte Kennzeichnunskraft ihrer Marke aufgrund Benutzung hat die Widerprechende nicht nachgewiesen.

Bei den Waren selbst handelt es sich um eher gewöhnliche Konsumgüter, die normalerweise in Supermärkten oder Geschäften gekauft werden, in denen die Waren auf Regalen angeordnet sind und sich die Verbraucher am schriftbildlichen Aspekt der Marke, die sie suchen, orientieren (siehe diesbezüglich das Urteil vom 15/04/2010, T-488/07, Egléfruit, EU:T:2010:145).

Da das Publikum von links nach rechts liest, widmet es dem Anfang einer Wortmarke mehr Aufmerksamkeit als dem Rest derselben. Die angefochtene Marke wird folglich als bestehend aus zwei durch einen Apostroph getrennte Phantasiebegriffe erkannt, nämlich „RO“ und „THELLO“. Zwar beinhaltet die angefochtene Marke die Buchstabenfolge „HELLO“, diese wird jedoch aufgrund der Lesweise von links nach rechts sowie aufgrund der Gesamterscheinung der angefochtenen Marke nicht als eigenständiger Begriff wahrgenommen. Somit besteht keine Verwechslungsgefahr.

Daher wird der Widerspruch zurückgewiesen.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Martin EBERL

Frank MANTEY

Denitza STOYANOVA-VALCHANOVA

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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