(Trade mark without text) | Decision 2679184

WIDERSPRUCH Nr. B 2 679 184

Homify Online GmbH & Co. KG, Holländerstraße 34, 13407 Berlin, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch AWPR Apel Weber und Partner Rechtsanwälte mbB, Freie-Vogel-Str. 393, 44269 Dortmund, Deutschland (zugelassener Vertreter)

g e g e n

Robert Müller, Hamburger Straße 125, 23843 Bad Oldesloe, Deutschland (Anmelder), vertreten durch Bettina Clefsen, Kleine Johannisstr. 10, 20457 Hamburg, Deutschland (zugelassener Vertreter).

Am 19/05/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 2 679 184 wird teilweise stattgegeben, und zwar für die folgenden angefochtenen Dienstleistungen:

Klasse 42: Ingenieurdienstleistungen.

2.        Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 967 665 wird für alle obigen  Dienstleistungen zurückgewiesen. Sie kann für die restlichen Dienstleistungen weitergeführt werden.

3.        Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 967 665 ein, und zwar gegen alle Dienstleistungen der Klassen 37 und 42. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 12 593 448. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.

VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Dienstleistungen

Der Widerspruch basiert auf den folgenden Dienstleistungen:

Klasse 35: Verkaufsförderung in Bezug auf Produkte zur Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung; Verkaufsförderung in Bezug auf Dienstleistungen zur Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung; Präsentation von Firmen aus den Bereichen Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung im Internet und anderen Medien.

Klasse 38: Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet im Bereich Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung; Bereitstellung des Zugriffs auf Software im Internet zur Bereitstellung und zum Austausch von Informationen und Daten im Internet durch Dritte; Bereitstellen von Portalen im Internet im Bereich Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung.

Klasse 42: Bereitstellen von Plattformen im Internet im Bereich Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung.

        

Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Dienstleistungen:

Klasse 37: Bauwesen; Bauberatung; Projektmanagement im Bauwesen [Bauaufsicht].

Klasse 42: Architektur- und Ingenieurdienstleistungen; Fachliche Beratung bezüglich Architektur; Architekturdienstleistungen für die Erstellung von Bauplänen; Architekturdienstleistungen für das Design von Gebäuden; Bauplanung.

        

Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 37

Die angefochtenen Dienstleistungen umfassen solche Dienstleistungen, die von Unternehmern im Bauwesen oder bei der Errichtung von Bauten erbracht werden sowie diesbezügliche Beratungstätigkeiten. Demgegenüber ist die ältere Marke geschützt für Dienstleistungen im Bereich Verkaufsförderung und der Präsentation von Firmen aus den Bereichen Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung (Klasse 35) und der Bereitstellung von Portalen, Zugriffen und Informationen in Bezug auf Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung im Internet. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden handelt es sich bei den angefochtenen Dienstleistungen nicht um Verkaufsförderungsdienstleistungen. Die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen unterscheiden sich eindeutig in Art und Verwendungszweck (Dienstleistungen im Bereich Bauwesen des Anmelders gegenüber Unterstützung/Werbung von Unternehmen zur Verbesserung der Geschäftstätigkeit sowie Bereitstellen von Portalen, Informationen im Internet der Widersprechenden). Zudem werden sie von unterschiedlichen Anbietern erbracht. und stehen in keinerlei Ergänzungs- oder Wettbewerbsverhältnis zueinander. Daher sind die angefochtenen Dienstleistungen unähnlich zu sämtlichen Dienstleistungen der Widersprechenden in den Klassen 35, 38 und 42.

Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 42

Die angefochtenen Ingenieurdienstleistungen umfassen gleichwohl den IT-Bereich und enthalten somit als weiter gefasste Kategorie die Dienstleistungen Bereitstellen von Plattformen im Internet im Bereich Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung der Widersprechenden. Da die Widerspruchsabteilung die weit gefasste Kategorie der angefochtenen Dienstleistungen nicht von Amts wegen aufgliedern kann, gelten sie als identisch zu den Dienstleistungen der Widersprechenden.

Keinerlei Berührungspunkte bestehen indes zwischen den verbleibenden Dienstleistungen Architekturdienstleistungen; Fachliche Beratung bezüglich Architektur; Architekturdienstleistungen für die Erstellung von Bauplänen; Architekturdienstleistungen für das Design von Gebäuden; Bauplanung und sämtlichen Dienstleistungen der Widersprechenden in den Klassen 35, 38 und 42. Die einander gegenüberstehenden Dienstleistungen unterscheiden sich eindeutig in Art und Verwendungszweck und werden von unterschiedlichen Anbietern erbracht. Auch stehen sie in keinerlei Ergänzungs- oder Wettbewerbsverhältnis zueinander. Daher sind die angefochtenen Dienstleistungen unähnlich zu sämtlichen Dienstleistungen der Widersprechenden in den Klassen 35, 38 und 42.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Dienstleistungen sowohl an das breite Publikum als auch an Geschäftskunden mit besonderen Fachkenntnissen. Je nach Spezialisierung der Dienstleistung variiert der Aufmerksamkeitsgrad zwischen durchschnittlich bis hoch.

  1. Die Zeichen

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Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Beide Zeichen sind reine Bildmarken und bestehen aus der Darstellung einer stark vereinfachten und stilisierten Wiedergabe eines aus Strichen gezeichneten Hauses.

Die ältere Marke besteht dabei aus einem Grundkörper in Form eines „X“, wobei die untere und linke Linie zur Vervollständigung des Unterbaus ausgespart sind. Das Dach erscheint als Dreieck und ist auf dem Grundkörper aufgesetzt. Der Unterschenkel des Dreiecks verjüngt sich zum Ende hin und trifft nicht auf die Schnittstelle zwischen Grundkörper und Dreieck.

Die angefochtene Marke besteht gleichermaßen aus einem Grundkörper in Form eines „X“. Im Gegensatz zur älteren Marke sind in dieser Darstellung sowohl die untere als auch die linke Linie im Grundkörper abgebildet. Auch hier erscheint das Dach als Dreieck und ist auf dem Grundkörper aufgesetzt.

Die in beiden Zeichen enthaltenen Bildelemente in Form eines stilisiert wiedergegebenen Hauses (beide Parteien beziehen sich in diesem Zusammenhang auf ein sogenanntes „Nikolaushaus“) können als Anspielung auf die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen wahrgenommen werden, die allesamt. „rund um das Haus“ erbracht werden können. Daher sind die Bildelemente in ihrer Kennzeichnungskraft leicht geschwächt.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Darstellung eines wie aus Strichen gezeichneten Hauses überein. Sie unterscheiden sich lediglich darin, dass die ältere Marke gegenüber dem angefochtenen Zeichen die untere und linke Linie zur Vervollständigung des Unterbaues nicht abbildet sowie darin, dass der Unterschenkel des Dreiecks sich nicht mit den restlichen Linien verbindet.

Die Zeichen sind bildlich daher durchschnittlich ähnlich.

Reine Bildzeichen können klanglich nicht verglichen werden. Da beide Zeichen reine Bildzeichen sind, ist es nicht möglich, diese klanglich zu vergleichen.

Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Da beide Zeichen als „Haus“ wahrgenommen werden, sind die Zeichen begrifflich identisch.  

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

In Anbetracht der Angaben im obigen Abschnitt c) dieser Entscheidung ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke für alle verfahrensrelevanten Dienstleistungen der Klasse 42, nämlich Bereitstellen von Plattformen im Internet im Bereich Wohnraumgestaltung, -dekoration und -umgestaltung, als leicht geschwächt anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. „Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).

Die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen sind teilweise identisch und teilweise unähnlich. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist leicht geschwächt.

Beide Zeichen stimmen in der Darstellung eines wie aus Strichen gezeichneten stilisierten Hauses überein. Die leichten Abweichungen ergeben sich aufgrund der jeweiligen Darstellungen in den Abbildungen, nämlich aufgrund der fehlenden Linien im Unterbau des Hauses und der leichten Aussparung der Linie in der Dachkonstruktion in der älteren Marke.

Der Anmelder trägt vor, die Unterschiede in den Zeichen führten dazu, dass die Zeichen in bildlicher Hinsicht einen deutlich unterschiedlichen Gesamteindruck ergäben. Auch stimmten die Zeichen begrifflich nicht überein, da die Widerspruchsmarke gerade nicht über die für ein Nikolaushaus typischen Charakteristika verfüge und daher begrifflich nicht hiermit in Verbindung gebracht würde.

Dem Vorbringen des Anmelders kann sich die Widerspruchsabteilung nicht anschließen. Die leichten Abweichungen in der Darstellung der Abbildung des Hauses können auch beim erhöhten Aufmerksamkeitsgrad der Verbraucher nicht bewirken, dass die angefochtene Marke als eigenständige Gestaltung zu qualifizieren ist. Beide Zeichen bestehen aus der Abbildung eines aus Strichen gezeichneten stilisierten Hauses ohne weitere figurative oder verbale Elemente, die als solche vom Verbraucher wahrgenommen werden. Darüber hinaus gilt zu beachten, dass der Verkehr die in Frage stehenden Kennzeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinnt.

Insgesamt sind die Übereinstimmungen in den Zeichen daher dergestalt, dass sie nicht von einem übereinstimmenden Gesamteindruck wegführen können. Beide Zeichen werden eindeutig als ein aus Strichen gezeichnetes stilisiertes Haus wahrgenommen. Aus den angezeigten Gründen liegt daher nach Überzeugung der Widerspruchsabteilung, auch vor dem Hintergrund, dass die ältere Marke in ihrer Kennzeichnungskraft leicht geschwächt ist, eine Verwechslungsgefahr vor. Die Abweichungen fallen visuell und begrifflich nicht hinreichend ins Gewicht, um eine Verwechslungsgefahr sicher auszuschließen.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass beim Publikum Verwechslungsgefahr besteht; und aus diesem Grund der Widerspruch teilweise auf Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 12 593 448 der Widersprechenden begründet ist.

Aus dem Obigen folgt, dass die angefochtene Marke für die Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss, bezüglich derer festgestellt wurde, dass sie mit denen der älteren Marke identisch sind.

Die übrigen angefochtenen Dienstleistungen sind unähnlich. Da die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 UMV ist, muss der Widerspruch, soweit er sich gegen diese Dienstleistungen richtet, auf der Grundlage dieses Artikels zurückgewiesen werden.

KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten. Gemäß Artikel 85 Absatz 2 UMV beschließt die Widerspruchsabteilung eine andere Kostenteilung, soweit die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert.

Da der Widerspruch nur für Teile der angefochtenen Dienstleistungen Erfolg hat, sind beide Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterlegen. Daher trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

Die Widerspruchsabteilung

Renata COTTRELL

Sigrid DICKMANNS

Denitza STOYANOVA-VALCHANOVA

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

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