VARIVAC | Decision 1906810

WIDERSPRUCH Nr. B 1 906 810

Dräger Medical GmbH, Moislinger Allee 53-55, 23558 Lübeck, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Uexküll & Stolberg Partnerschaft von Patent- und Rechtsanwälten mbB, Beselerstr. 4, 22607 Hamburg, Deutschland (zugelassene Vertreter)

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Research Medical Pty Ltd, 18 Delambre Place, Sorrento WA 6020, Australien (Inhaberin), vertreten durch Boehmert & Boehmert Anwaltspartnerschaft mbB - Patentanwälte Rechtsanwälte, Hollerallee 32, 28209 Bremen, Deutschland (zugelassene Vertreter)

Am 03/04/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende

ENTSCHEIDUNG:

1.        Dem Widerspruch Nr. B 1 906 810 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.

2.        Der internationalen Registrierung Nr. 1 062 912 wird in ihrer Gesamtheit der Schutz in der Europäischen Union verweigert.

3.        Die Inhaberin trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.

BEGRÜNDUNG:

Die Widersprechende legte am 14/01/2014 Widerspruch gegen alle Waren der die Europäische Union benennenden internationalen Registrierung Nr. 1 062 912 ein, nämlich gegen alle Waren der Klasse 10. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 3 565 587.

I. VORBEMERKUNGEN

Die Inhaberin hält den Widerspruch für unzulässig, da die für eine ordnungsgemäße Einlegung des Widerspruchs notwendige Aktivlegitimation der Widersprechenden gemäß Artikel 41 UMV (vormals GMV) i. V. m. Regel 15 Absatz 2 lit. h) i) UMDV (vormals GMDV) nicht gegeben sei. Zwar sei die Widersprechende als Inhaberin der Widerspruchsmarke eingetragen, jedoch seien die registermäßigen Übertragungen in der Vergangenheit unwirksam gewesen: Die zwei von der Widersprechenden gestellten Anträge auf Umschreibung, und zwar als Anträge auf Namensänderungen, (im Jahr 2007 von der Dräger Medical AG & Co. KGaA auf die Dräger Medical AG & Co. KG und im Jahr 2010 von der Dräger Medical AG & Co. KG auf die Dräger Medical GmbH) stellten Umwandlungen im Sinne des Umwandlungsgesetzes, also Rechtsübergänge dar, für die die notwendigen Unterlagen nicht eingereicht worden seien.

Weiterhin habe die Widersprechende versäumt, ihre Befugnis zur Einlegung des Widerspruchs gemäß Regel 19 Absatz 2 UMDV nachzuweisen.

Ändert sich der Name oder die Gesellschaftsform einer juristischen Person, so kommt es zur Unterscheidung eines Rechtsübergangs von einer bloßen Namensänderung darauf an, ob die Identität der juristischen Person dieselbe bleibt. Wenn die Identität der juristischen Person sich nicht ändert, wird dies als Namensänderung eingetragen (Entscheidung vom 06/09/2010, R 1232/2010-4, Cartier, § 12 bis 14). Anders ausgedrückt: Stellt die juristische Person ihre Tätigkeit nicht ein (z. B. bei einer Verschmelzung durch Aufnahme, bei der ein Unternehmen vollständig in dem anderen aufgeht und erlischt), und wird keine neue juristische Person gegründet (z. B. nach der Verschmelzung zweier Unternehmen zu einer neuen juristischen Person), ändert sich nur die bereits bestehende formale Unternehmensorganisation, nicht jedoch die eigentliche Identität. Daher wird die Änderung bei Bedarf als Namensänderung eingetragen.

Falls im betreffenden nationalen Recht nicht anders geregelt, wird daher eine Änderung der Rechtsform des Unternehmens als Namensänderung und nicht als Rechtsübergang behandelt, sofern sie nicht mit einer Übertragung von Vermögenswerten im Wege einer Fusion oder Übernahme einhergeht.

Die Inhaberin hat nicht dargelegt, dass eine Änderung der Rechtsform gemäß dem deutschen Umwandlungsrecht einen Rechtsübergang darstellt. Aus den von der Widersprechenden eingereichten Handelsregisterauszügen lässt sich auch nichts Gegenteiliges entnehmen. Daher werden die im Jahr 2007 und 2010 gestellten Anträge der Widersprechenden als Namensänderungen angesehen. Folglich war die Widersprechende zur Einlegung des Widerspruchs legitimiert und dieser ist auch zulässig.

II. BENUTZUNGSNACHWEIS

Gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 UMV (in der zum Zeitpunkt der Einreichung des Widerspruchs geltenden Fassung) hat die Widersprechende auf Verlangen der Inhaberin den Nachweis zu erbringen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angefochtenen Marke die ältere Marke in den Gebieten, in denen sie geschützt ist, in Verbindung mit den Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und auf die sie sich zur Begründung ihres Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen. Für die frühere Marke gilt eine Benutzungsverpflichtung, wenn sie zum betreffenden Datum mindestens fünf Jahre lang eingetragen war.

Gemäß dieser Bestimmung ist der Widerspruch bei unzureichendem Benutzungsnachweis zurückzuweisen.

Bei Internationalen Registrierungen mit Benennung der Europäischen Union gilt als der „Tag der Veröffentlichung“ der angefochtenen Marke im Sinne von Artikel 42 Absatz 2 UMV zur Ermittlung des fünfjährigen Zeitraums der Benutzungsverpflichtung für die frühere Marke das Datum sechs Monate nach der ersten Wiederveröffentlichung der internationalen Registrierung, d. h. der Beginn der Widerspruchsfrist (Artikel 156 UMV in Verbindung mit Artikel 152 UMV in der zum Zeitpunkt der Einreichung des Widerspruchs geltenden Fassung). Für die frühere Marke gilt eine Benutzungsverpflichtung, wenn sie zum betreffenden Datum mindestens fünf Jahre lang eingetragen war.

Die Inhaberin hat Benutzungsantrag für das ältere Recht gestellt.

Der Antrag wurde fristgerecht eingereicht und ist zulässig, da die frühere Marke mehr als fünf Jahre vor dem vorstehend genannten maßgeblichen Datum eingetragen war.

Im vorliegenden Fall ist das maßgebliche Datum der 28/07/2011 (erste Nachveröffentlichung der angefochtenen internationalen Registrierung + 6 Monate). Die Widersprechende hatte daher nachzuweisen, dass die Widerspruchsmarke in der Europäischen Union vom 28/07/2006 bis einschließlich zum 27/07/2011 ernsthaft benutzt worden war.

Dieser Nachweis ist für die Waren zu führen, auf deren Grundlage der Widerspruch eingelegt wurde, und zwar folgende:

Klasse 10: Instrumente und Apparate für die Absaugung von Körperflüssigkeiten und Sekreten von Patienten im klinischen Bereich, ausgenommen zahnärztliche und zahntechnische Geräte und Apparate.

Gemäß Regel 22 Absatz 3 UMDV muss der Benutzungsnachweis aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird, bestehen.

Am 08/04/2014 setzte das Amt in Anwendung von Regel 22 Absatz 2 UMDV der Widersprechenden eine Frist bis zum 20/06/2014, um Benutzungsnachweise für die ältere Marke einzureichen. Diese Frist wurde bis zum 20/08/2014 verlängert. Die Widersprechende legte fristgerecht am 18/08/2014 folgende Benutzungsnachweise vor:

1/        Produktmerkblatt betreffend alle unter der Marke „VarioVac“ vertriebenen Waren aus dem Sortiment der Widersprechenden. Unter dem Titel „VarioVac“ sind verschiedene Modelle (VarioVac B DIN, VarioVac B BS, VarioVac B NF, VarioVac B AGA, VarioVac B/OP Schiene, VarioVac B kompakt, VarioVac D DIN, VarioVac D BS, etc.) abgebildet, die zur Dauerdrainage, Thoraxdrainage, Bronchusabsaugung und/oder OP Absaugung eingesetzt werden. Neben der Produktabbildung steht eine Nummer, die auf „2011“ endet. Das Produktmerkblatt ist teilweise in deutscher und in englischer Sprache abgefasst.

2/        Kopien von Werbebroschüren für „VarioVac® Vakuumregler“, bzw. „VarioVac® vacuum regulator“, die für Bronchialabsaugung, Drainage und Thoraxdrainage eingesetzt wird. Die Broschüren sind in deutscher bzw. englischer Sprache verfasst aus den Jahren 2011 und 2012. Bei den Bestellinformationen wird angegeben, welche Modelle welchen Standards (deutscher, britischer, französischer, schwedischer, etc.) entsprechen.

3/        Werbebroschüre für „VarioVac“ Geräte in spanischer Sprache aus dem Jahre 2004. Die „Reguladores de vacío VarioVac“ werden zur Bronchialabsaugung, Drainage und Thoraxdrainage verwendet.

4/        Werbebroschüre aus dem Jahre 2006 in italienischer Sprache. Die „Regolatori di vuoto VarioVac“werden zur Bronchialabsaugung, Drainage und Thoraxdrainage verwendet.

5/        Auszüge aus Katalogen „Accessory Catalogues“ in englischer Sprache, in denen die „VarioVac“ Produktlinie ausführlich beschrieben ist. Laut Widersprechenden waren sie in den Jahren 2008 und 2010 verfügbar.

6/        Auszüge aus „Accessory Catalogue“ in englischer Sprache, in denen die „VarioVac“ Produktlinie ausführlich beschrieben ist. Laut Widersprechenden waren sie in den Jahren 2008 und 2010 verfügbar.

7/        Werbebroschüren in deutscher, englischer, niederländischer, französischer und spanischer Sprache für „VarioVac® Vakuumregler“, „VarioVac® vacuum regulators“, „VarioVac® vacuümregelaars“, „Régulateurs de vide VarioVac®“, „Reguladores de vacío VarioVac®“, die allesamt aus dem Jahre 2009 stammen.

8/        Abbildung eines Kartons, in dem das Komplettabsaugesystem „VarioVac“ B Kompakt“ (bzw. in englischer Sprache: „VarioVac B Compact“) an die jeweiligen medizinischen Einrichtungen versendet wird. Er enthält den Hinweis auf 2011 als Herstellungsdatum. Ein Foto zeigt den geschlossenen Karton, ein anderes den Inhalt.

9/        Schriftliche Erklärung des Herrn Heiko Lokotsch vom 17/07/2014, der als Produktmanager bei der Widersprechenden mit dem Vertrieb von „VarioVac“ Geräten betraut ist und die Angaben über Umsätze und Zahlen verkaufter „VarioVac“ Produkte macht. Diese sind nach Land (Deutschland, Österreich, Ungarn, Niederlande, Polen, Spanien, Italien, Rumänien, Litauen, Vereinigtes Königreich, Belgien, Ungarn, Frankreich, Slowenien, Rumänien, Bulgarien, Litauen, Zypern, Kroatien) und Jahr (2006-2011) aufgeschlüsselt. Preise, Artikelnummern und –modelle sind angegeben.

10/        Vier Rechnungen an in Deutschland ansässige Kunden. Sie stammen aus den Jahren 2006, 2007 und 2010 und geben Aufschluss über den erfolgten Vertrieb des Produktes mit der Bezeichnung „VarioVac“ B DIN“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

11/        Vier Rechnungen an in Deutschland ansässige Kunden aus den Jahren 2006, 2008, 2009 und 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B/OP Schiene“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkmalblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

12/        21 Rechnungen an in Deutschland ansässige Kunden aus den Jahren 2006 bis 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B KOMPAKT“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

13/        Eine Rechnung an in Deutschland ansässige Kunden aus dem Jahre 2007. Sie gibt Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac D DIN“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

14/        Drei Rechnungen an in Deutschland ansässige Kunden aus den Jahren 2007, 2010 und 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac D Schiene“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

15/        Drei Rechnungen an in Deutschland ansässige Kunden aus den Jahren 2006, 2009 und 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac Schiene WS“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

16/        Eine Rechnung an im Vereinigten Königreich ansässige Kunden aus dem Jahre 2009. Sie gibt Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B BS“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

17/        Eine Rechnung an im Vereinigten Königreich ansässige Kunden aus dem Jahre 2010. Sie gibt Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B/OP Rail“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

18/        Eine Rechnung an in Italien ansässige Kunden aus dem Jahre 2009. Sie gibt Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B DIN“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

19/        Vier Rechnungen an in Italien ansässige Kunden aus den Jahren 2007, 2009, 2010 und 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B/OP Rail“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

20/        Neun Rechnungen an in Italien ansässige Kunden aus den Jahren 2007 bis 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B COMPATTO“ (entspricht „VarioVac B KOMPAKT“). Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

21/        Drei Rechnungen an in Österreich ansässige Kunden aus den Jahren 2007, 2010 und 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B DIN“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

22/        Sechs Rechnungen an in Österreich ansässige Kunden aus den Jahren 2006, 2007, 2008, 2010 und 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B/OP Schiene“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

23/        Neunzehn Rechnungen an in Österreich ansässige Kunden aus den Jahren 2006 bis 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac B Kompakt“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

24/        Drei Rechnungen an in Österreich ansässige Kunden aus den Jahren 2006, 2009 und 2011. Sie geben Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac D DIN“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

25/        Eine Rechnung an in Österreich ansässige Kunden aus dem Jahre 2008. Sie gibt Aufschluss über den Vertrieb des Produktes „VarioVac D Schiene WS“. Die betroffenen Waren sind in dem Produktmerkblatt gemäß Anlage 1 aufgeführt.

26/        Ein Auszug aus der Gebrauchsanweisung für Geräte der Bronchiusabsaugung der Widersprechenden aus dem Jahre 2010. Das Inhaltsverzeichnis zeigt an, dass es in verschiedenen Sprachen, u.a. Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Niederländisch, Polnisch, Schwedisch, Ungarisch, Kroatisch, Rumänisch, Bulgarisch und Tschechisch verfasst ist; jedoch wurden nur die Seiten in deutscher Sprache eingereicht.

Im Hinblick auf die eidesstattliche Versicherung stellt die Widerspruchsabteilung fest, dass in Regel 22 Absatz 4 UMDV schriftliche Erklärungen nach Artikel 78 Absatz 1 Buchstabe f UMV zwar ausdrücklich als zulässige Beweismittel aufgeführt werden. Zu den zulässigen Beweismitteln zählen nach Artikel 78 Absatz 1 Buchstabe f UMV auch schriftliche Erklärungen, die unter Eid oder an Eides statt abgegeben werden oder nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie abgegeben werden, eine ähnliche Wirkung haben. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass Erklärungen, die von dem Betroffenen selbst oder von Personen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu diesem stehen, verfasst wurden, im Allgemeinen ein geringerer Beweiswert zuerkannt wird als Beweismitteln, die von unabhängigen Dritten stammen. Dies ist damit zu begründen, dass die Wahrnehmung der Verfahrensbeteiligten durch das persönliche Interesse am Verfahrensgegenstand beeinflusst sein könnte.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass solchen Versicherungen jeglicher Beweiswert fehlt. Der Ausgang des Verfahrens hängt vielmehr von der Gesamtbeurteilung der Beweismittel im konkreten Einzelfall ab. Da eine eidesstattliche Versicherung eines Beteiligten aus den oben dargelegten Gründen eine geringere Beweiskraft besitzt als materielle Beweismittel wie zum Beispiel Rechnungen, Warenkataloge, Etiketten, Verpackungen usw. oder Erklärungen unbeteiligter Dritter, sind zur Erbringung des Benutzungsnachweises in der Regel zusätzliche Nachweise erforderlich.

Die weiteren Beweismittel sind im Licht dieser Ausführungen zu prüfen, um festzustellen, ob der Inhalt der Erklärung von den anderen eingereichten Beweismitteln gestützt wird.

Ort der Benutzung

Die eingereichten, in Deutschland ausgestellten Rechnungen (Anlage 10/ bis 25/) sind an Kunden in Deutschland, Österreich, Italien und im Vereinigten Königreich adressiert. Die Werbebroschüren (Anlagen 3/, 4/ und 7/) sind in deutscher, englischer, niederländischer, französischer, italienischer und spanischer Sprache verfasst, so dass sie für Kunden in Deutschland, Österreich, Frankreich, Luxemburg, Belgien, den Niederlanden, Italien, Spanien Irland, Malta und im Vereinigten Königreich verständlich sind. Das Inhaltsverzeichnis der Gebrauchsanweisung (Anlage 26/) zeigt an, das es in Sprachen erhältlich ist, die von Kunden in Deutschland, Österreich, Frankreich, Luxemburg, Belgien, Italien, den Niederlanden, Polen, Schweden, Ungarn, Kroatien, Rumänien, Bulgarien, der Tschechischen Republik und dem Vereinigten Königreich verstanden werden. Die Nachweise beziehen sich also auf einen Großteil der Länder des relevanten Gebietes.

Zeit der Benutzung

Ein Großteil der eingereichten Unterlagen stammt aus dem relevanten Zeitraum (2/, 5/ bis 7/, 10/ bis 26/). Die eidesstattliche Versicherung ist später datiert, bezieht sich jedoch auf den relevanten Zeitraum (9/). Die darin angegebenen Zahlen zum Umsatz und zur Zahl verkaufter Produkte stützen die in den Rechnungen enthaltenen Daten.

Umfang der Benutzung

Hinsichtlich des Umfangs der Benutzung sind alle erheblichen Faktoren und Umstände in Betracht zu ziehen, wie insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen und die Merkmale des betreffenden Marktes, die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, der quantitative Umfang der Benutzung, ihre Dauer und Regelmäßigkeit.

Die Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Faktoren. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt. Zudem ist die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, nur einer der Faktoren, der neben anderen zu berücksichtigen ist, so dass eine gebietsmäßig nur eingeschränkte Benutzung durch ein bedeutendes Handelsvolumen oder eine erhebliche Benutzungsdauer ausgeglichen werden kann.

Vorliegend handelt es sich um sehr spezialisierte Waren, die sich an ein Fachpublikum aus dem medizinischen Bereich richten. Daher ist davon auszugehen, dass der relevante Markt für diese Waren eher klein ist. Somit ergibt sich aus den eingereichten Rechnungen eine ausreichende Benutzung, welche durch die Zahlen der eidesstattlichen Versicherung gestützt werden.

Daher reichen die eingereichten Benutzungsunterlagen für den Nachweis des Umfangs der Benutzung aus.

Art der Benutzung

Aus den eingereichten Unterlagen ist ersichtlich, dass die Marke wie eingetragen und für sämtliche Waren, auf die der Widerspruch gestützt wird, benutzt wurde. Die Zusätze wie „B DIN“, „B BS“, „B NF“, „B AGA“, „B/OP Schiene“, „B kompakt“, „D DIN“, „D BS“, etc. geben lediglich Hinweise auf die verschiedenen Modelle oder Einsatzbereiche und können der markenmäßigen Benutzung keinen Abbruch tun.

Der Gerichtshof hat befunden, dass eine „ernsthafte Benutzung“ einer Marke vorliegt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Darüber hinaus wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Unionsmarke verlangt, dass die Marke, so wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (11/03/2003, C-40/01, Minimax, EU:C:2003:145, sowie 12/03/2003, T-174/01, Silk Cocoon, EU:T:2003:68).

Die eingereichten Unterlagen in ihrer Gesamtheit sind ausreichend, um eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke im relevanten Zeitraum und im relevanten Gebiet für alle Waren der älteren Marke zu belegen.

III. VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.

  1. Die Waren

Der Widerspruch stützt sich auf die folgenden Waren, für die erfolgreich Benutzungsnachweis geführt wurde:

Klasse 10: Instrumente und Apparate für die Absaugung von Körperflüssigkeiten und Sekreten von Patienten im klinischen Bereich, ausgenommen zahnärztliche und zahntechnische Geräte und Apparate.

Nach einer Einschränkung richtet sich der Widerspruch gegen die folgenden Waren:

Klasse 10: Chirurgische und ärztliche Ausrüstung für geschlossene Wunddrainagesysteme.

Die Inhaberin argumentiert, die Waren der Widersprechenden seien irrtümlicherweise in Klasse 10 statt in Klasse 9 klassifiziert worden, denn bei den Waren der Widersprechenden handele es sich um Vakuumregler. Dem kann die Widerspruchsabteilung nicht folgen: sobald es sich um medizinische Apparate und Instrumente handelt, einschließlich um Vakuumregler, die im medizinischen Bereich eingesetzt werden, sind die Waren in Klasse 10 zu klassifizieren.

Auch ist zu berücksichtigen, dass nach Artikel 28 Absatz 7 UMDV Waren und Dienstleistungen werden nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza-Klassifikation erscheinen.

Angefochtene Waren in Klasse 10

Die angefochtene chirurgische und ärztliche Ausrüstung für geschlossene Wunddrainagesysteme überschneidet sich mit den Instrumenten und Apparaten für die Absaugung von Körperflüssigkeiten und Sekreten von Patienten im klinischen Bereich, ausgenommen zahnärztliche und zahntechnische Geräte und Apparate der älteren Marke. Diese Waren sind identisch.

Anders als von der Inhaberin vorgetragen, können „Antriebseinheiten für komplexere Systeme, die dazu dienen, stufenlos ein Vakuum zu regulieren“ (Vakuumsregler) und die im medizinischen Bereich verwendet werden, als medizinische Instrumente betrachtet werden.

  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad

Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.

Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an ein Fachpublikum auf dem medizinischen Bereich, denn es handelt sich um Instrumente und Apparate, die zur Wundbehandlung eingesetzt werden und nicht vom allgemeinen Publikum erworben werden. Der Aufmerksamkeitsgrad ist hoch, denn es handelt sich um hochspezialisierte Waren, die bei kritischen Situationen für die Gesundheit eingesetzt werden.

  1. Die Zeichen

VarioVac

Ältere Marke

Angefochtene Marke

Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.

Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Die ältere Marke ist die Wortmarke „VarioVac“. Als Wortmarke ist sie in allen Standardschreibweisen, insbesondere in Groß- und Kleinschreibung geschützt. Als Wortmarke weist sie kein Element auf, das als dominanter (stärker visuell ins Auge springend) ist als andere.

Das angefochtene Zeichen ist eine Bildmarke, bei der das in Standardbuchstaben dargestellte Wort „VARIVAC“ einen Tropfen statt den i-Punkt aufweist. Auch dieses Zeichen hat kein dominanteres (stärker visuell ins Auge springendes) Element.

Die Inhaberin argumentiert, dass der Zeichenbestandteil „Vari“ als Abkürzung für das englische Wort „variable“ (variabel) und der zweite Zeichenbestandteil „Vac“ als Abkürzung für das englische Wort „vacuum“ (luftleerer Raum) gesehen werden wird. Dem kann die Widerspruchsabteilung nicht folgen, denn „Vac“ könnte ebenso für „vaccination“ (Impfung) stehen und das englische Präfix „Vari“ wird so selten verwendet, dass es nicht automatisch in jedem Wort als Abkürzung für „variable“ gesehen wird (Entscheidung vom 10/04/2013, R 1774/2012-1, VarioSpot/Variostore, § 32). Daher hat keines der Zeichen ein kennzeichnungskräftigeres bzw. –schwächeres Element.

Auch das weitere Argument der Inhaberin, dass auf dem relevanten Markt für Medizinprodukte eine große Anzahl ähnlicher Marken existieren, die die Bestandteile „VARI“ bzw. „VAC“ enthalten, vermag dies nicht zu ändern. Die Inhaberin fügt beispielshaft Internetauszüge für die Benutzung der Unionsmarken „Variobase“, „VARI-FLEX“, „Variac“, „VARIMED“, „VARIOKLAV“, „VARIUS“, „MODULARIS Variostar“, „VARIATOR“, „VARIOBEAT“, „VARIMATE“ bzw. „VACUCAST“, „VACU-CUT“, VACORA“, „BD Vacutainer“, „VACU-TEK“, „Vacusill“, „VACUP“, „V.A.C. VACUUM ASSISTED CLOSURE“, „RES-Q-VAC“, „V.A.C. FREEDOM“, „VACUDISK“ für verschiedene Medizinprodukte bei. Zwar mögen diese Internetauszüge eine Benutzung auf dem Markt zeigen, doch sie belegen nicht, dass die relevanten Verbraucher die Bestandteile „VARI“ und „VAC“ mit den Bedeutungen „variabel“ und „vacuum“ verstehen. Daher greift dieses Argument nicht.

Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstabenfolge „VARI*VAC“ überein. Sie unterscheiden sich nur im zusätzlichen Buchstaben „O“ nach dem „I“ der älteren Marke sowie im graphischen Element des Tropfens und in der Schriftart der angefochtenen Marke. Somit sind alle sieben Buchstaben des angefochtenen Zeichens in der älteren Marke in der gleichen Reihenfolge enthalten und werden nur durch einen einzelnen weiteren Buchstaben ergänzt. Insgesamt sind die Marken visuell hochgradig ähnlich.

In klanglicher Hinsicht und unabhängig von den unterschiedlichen Ausspracheregeln in verschiedenen Teilen des maßgeblichen Gebiets stimmt die Aussprache der Zeichen in der Anzahl der Silben (drei: „VA-RIO-VAC“ bzw. „VA-RI-VAC“) und in der Aussprache der Buchstaben „VA-RI*-VAC“, also in der ersten und letzten sowie in einem Teil der zweiten Silbe überein. Der zusätzliche Buchstabe „O“ in der älteren Marke führt nur zu einer leicht anderen Aussprache. Die Zeichen sind daher phonetisch hochgradig ähnlich.

In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung (siehe oben). Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.

Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.

  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.

Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.

Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.

  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung

Es besteht Warenidentität. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist normal und der Aufmerksamkeitsgrad des relevanten Publikums ist hoch.

Die Zeichen sind visuell und phonetisch hochgradig ähnlich. In begrifflicher Hinsicht hat keines der Zeichen in seiner Gesamtheit eine Bedeutung. Die Bestandteile der Marken „VARI(O)“ und „VAC“ werden nicht als kennzeichnungsschwach angesehen. Doch selbst wenn dies der Fall sein sollte, so sind die Zeichen so ähnlich, dass eine Verwechslungsgefahr nicht auszuschließen ist, auch bei erhöhtem Aufmerksamkeitsgrad des relevanten Publikums.

Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.

Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 3 565 587 begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückzuweisen ist.

IV. KOSTEN

Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.

Da die Inhaberin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.

Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.

Die Widerspruchsabteilung

Renata COTTRELL

Julia SCHRADER

Martin EBERL

Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

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